Corbinian Oppenheimer, Bernd Kälber
Bei der Umsetzung von algorithmischen Lösungen setzten insbesondere die CFO-Bereiche bevorzugt auf einen der 3 folgenden Ansätze:
- "Leuchtturm"-Projekte
- Generische Lösungen mit vielfältigen Einsatzgebieten
- Algorithmische Transformation
3.1 "Leuchtturm"-Projekte als erfolgreiche, vorzeigbare Use Cases
Eine gängige Methode ist es, Use Cases mit hohem Potenzial zu identifizieren und umzusetzen. Dazu sollten sie eine hohe Sichtbarkeit im Unternehmen erhalten. Aufgrund dieser Sichtbarkeit muss bei der Identifikation im Vorfeld sehr sorgfältig analysiert werden und der Use Case muss bestimmte Kriterien erfüllen. Der wichtigste Punkt ist ein ökonomisch messbarer Business Case. Überall dort, wo Entscheidungen durch diese algorithmische Lösung verändert und verbessert werden, sollte der Mehrwert auch in Euro quantifizierbar sein. Wenn ein Use Case keinen signifikanten messbaren Mehrwert generiert, wird er zukünftig nicht eingesetzt, was einer negativen Investition entspricht. Für einen "Leuchtturm" Use Case ist es zudem unabdingbar, dass die Anwendung in die bestehenden Prozesse integriert wird. Hierbei ist es wichtig, dass der entsprechende CFO-Bereich die Lösung konzeptionell bis zur Produktivsetzung durchplant und die Nutzer entlang des gesamten Prozesses mit eingebunden werden.
Pro:
Richtig ausgewählt generiert der Use Case signifikant Wert und weitere Use Cases werden auf Basis dieses Erfolgs bewilligt. Richtig implementiert und in Szene gesetzt erhält der Use Case eine Leuchtturmfunktion und trägt wesentlich zur digitalen Transformation im CFO-Bereich bei.
Contra:
Häufig werden "Leuchtturm" Use Cases voreilig und unüberlegt ausgewählt. Nach der Implementierung werden keine Konsequenzen gezogen und die Anwendung wird nicht weiter eingesetzt. Ohne das richtige Engagement und eine nachhaltige Finanzierung wird zudem nicht selten an den Anpassungen zur Produktivsetzung gespart, weshalb die Lösung von den Nutzern nicht angenommen wird. Dies hat einen negativen Effekt, da die Lösung als schlechtes Beispiel gesehen wird und die Akzeptanz für AI und Advanced Analytics im CFO-Bereich verringert wird.
3.2 Generische Lösungen mit vielfältigen Einsatzgebieten
Ein weiterer Ansatz ist das Bereitstellen von universellen Tools. Diese decken mehrere Einsatzgebiete auf einmal ab. Somit werden im Idealfall mehrere Bereiche und Nutzer gleichzeitig eingebunden. Ein Beispiel eines universellen Tools ist die "Time Series Analytics App" (TSA App) des CFO-Bereichs der E.ON SE, die in Kooperation mit dem Steering Lab von Horváth & Partners entwickelt und implementiert wurde. Die TSA App erlaubt es, jede Form von Zeitreihen intelligent zu analysieren und zu prognostizieren. Einsatzbereiche sind unter anderem Treasury, Einkauf und Controlling. Es hat sich gezeigt, dass es für einen effektiven Einsatz von großem Vorteil ist, wenn die Anwender eine Schulung erhalten. Dabei wird für die algorithmischen Konzepte ein Grundverständnis erarbeitet sowie die Bedienung eingeübt. Im Laufe der verschiedenen Anwendungen der App lernt der Anwender das Potenzial von Use Cases abzuschätzen und hat erste Erfolgserlebnisse im Generieren von Mehrwert durch den Einsatz intelligenter Algorithmen. Bei dem Einsatz der TSA App war von großem Vorteil, dass die Bedienung zum einen einfach und intuitiv ist, und zum anderen der Zugang zur App keinerlei infrastrukturelle Anforderungen stellt. Der webbrowserbasierte Zugriff auf die ISO 27001:2013 zertifizierte Infrastruktur des Steering Lab erfolgt anhand einer Zwei-Faktor-Authentifizierung. In der Konsequenz wurde die Akzeptanz für algorithmische Lösungen im CFO-Bereich deutlich erhöht.
Pro:
Universelle Tools sind oft ökonomischer als maßgefertigte Lösungen, da hierfür standardisierte Algorithmen genutzt werden sowie eine Bandbreite an Use Cases mit einer Anwendung abgedeckt werden können. Auch die Entwicklungszeit ist meistens kürzer als bei hochspezialisierten Anwendungen. Wenn die Einführung von generischen Lösungen sorgfältig begleitet wird, ist das Potenzial für einen Lerneffekt mit Erfolgserlebnis sehr hoch. In der Folge erhöht sich auch die Akzeptanz von algorithmischen Anwendungen.
Contra:
Es liegt in der Natur der Sache, dass universelle Tools oftmals nicht die ganze Komplexität einer spezifischen Problemstellung abdecken können. In diesen Fällen ist es nötig, ergänzende Lösungen zur Abdeckung der Problemstellung zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet auch, dass sie dadurch zum Teil nicht geeignet sind, um bestehende operative Produktivsysteme abzulösen, da dies oftmals hoch spezialisierte Systeme sind. Die Nutzung des universellen Tools kann dadurch auf die Funktion eines "side cars" im CFO-Bereich beschränkt sein, womit auch der direkt messbare Mehrwert in Euro limitiert ist.
3.3 Algorithmische Transformation
Anstatt einzelner Use Cases wird bei diesem Ansatz eine strukturierte algorithmisch-transformative Herangehensweise gewählt. Hierbei wird ein ganzheitliches Zielbild für eine algorithmische Steuerung entwickelt. Das Zielbild umfasst dabei neben den Modulen für die entsprechende mathematische Modellierung auch die infrastrukturellen, prozessualen und organisatorische...