Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Kommentar
Aufwendungen für ein Erststudium sind ab 2004 lediglich bis zu einem Betrag von 4.000 EUR als Sonderausgaben abziehbar, während Aufwendungen für ein Zweit- oder jedes weitere Studium der Höhe nach unbegrenzt als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgezogen werden können. Bisher ging die Finanzverwaltung davon aus, dass nur ein Erststudium im Inland den Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug für ein weiters Studium eröffnet. Gleichgestellt wurden Studien von Angehörigen eines Mitgliedstaats der EU, von Vertragsstaaten des EWR oder der Schweiz an Hochschulen dieser Staaten. Dies führte zu Ergebnissen, die letztlich nicht vermittelbar waren.
Eine belgische Studentin besucht mit ihrem amerikanischen Freund eine deutsche Hochschule im Rahmen eines Zweitstudiums. Ihre in den jeweiligen Heimatstaaten erworbenen Abschlüsse wurden in Deutschland als Erststudium anerkannt. Nach der bisher von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung war der belgischen Studentin für ihr Studium in Deutschland der unbeschränkte Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug eröffnet, während der amerikanische Student auf den auf 4.000 EUR pro Jahr begrenzten Sonderausgabenabzug verwiesen wurde
Nach massiver Kritik an dieser Sichtweise hat sich die Finanzverwaltung dazu durchgerungen, auch ein Auslandsstudium in anderen Staaten steuerlich als Erststudium anzuerkennen, wenn der aufgrund dieses Studiums erworbene Abschluss in Deutschland anerkannt ist. Damit wird im Beispielsfall beiden Studierenden für ihr Zweitstudium in Deutschland der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug eröffnet (falls ein hinreichend konkretisierter Zusammenhang mit im Inland angestrebten Einkünften besteht).
Im Übrigen kann nach Landesrecht vorgesehen werden, dass bestimmte an Berufsakademien oder anderen Ausbildungseinrichtungen erfolgreich absolvierte Ausbildungsgänge einem abgeschlossenen Studium gleichwertig sind. Das gilt z.B. für die Steuerakademie Niedersachsen.
Link zur Verwaltungsanweisung
OFD Hannover, Verfügung v. 21.6.2007, S 2354 - 173 - StO 217
Praxishinweis:
Zu der Frage, ob die Aufwendungen für ein Erststudium nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung aufgrund der Neuregelung ab 1.1.2004 nur noch als Sonderausgaben steuerlich berücksichtigungsfähig sind, ist beim BFH unter dem Az. VI R 79/06 ein Revisionsverfahren anhängig. Gleichzeitig ist ein Revisionsverfahren beim BFH unter Az. VI R 14/07 zu der Frage anhängig, ob die Aufwendungen eines Erststudiums lediglich als Sonderausgaben abziehbar sind.