Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Die steuerrechtliche Anerkennung einer atypisch stillen Gesellschaft mit der Ehefrau des Mehrheitsgesellschafters erfordert keinen Fremdvergleich, wenn die Aufnahme des stillen Gesellschafters in eine GmbH nicht von der Geschäftsführungsbefugnis des zu 60 % beteiligten Ehemannes der stillen Gesellschafterin umfasst wird.
Sachverhalt
Eine GmbH, an der der Ehemann zu 60 % beteiligt war, und die Ehefrau schlossen einen Vertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft (GmbH & Still). Zuvor hatte die Gesellschafterversammlung der GmbH der Gründung der atypisch stillen Gesellschaft einstimmig zugestimmt. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte sich der Prüfer auf den Standpunkt, dass die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft nicht vorlägen, da das Mitunternehmerrisiko nur schwach ausgeprägt sei und eine nur durchschnittlich ausgeprägte Mitunternehmerinitiative vorliege, die das fehlende Mitunternehmerrisiko nicht ausgleiche. Außerdem halte der Vertrag einem Fremdvergleich nicht stand, was sich aus der Abfindungsregelung, der geringen wirtschaftlichen Bedeutung der Beteiligung und der Gewinnverteilung ergebe. Entsprechend hob das Finanzamt die Feststellungs- und Gewerbesteuermessbescheide ersatzlos auf.
Entscheidung
Das FG folgte dem Klagebegehren und erkannte die vertraglich vereinbarte atypisch stille Gesellschaft an, da der stillen Gesellschafterin sowohl die Stellung einer Mitunternehmerin eingeräumt worden war und sie auch Mitunternehmerrisiko trug. Denn sie war am laufenden Gewinn und Verlust des Handelsgeschäfts beteiligt, wobei die Beschränkung der Verlustbeteiligung auf die Höhe der Einlage unschädlich ist, da auch ein Kommanditist nur bis zur Höhe seiner Einlage am Verlust der Gesellschaft teilnimmt. Der steuerrechtlichen Anerkennung der stillen Gesellschaft konnte auch ein fehlender Fremdvergleich nicht entgegen gehalten werden. Denn im Streitfall kamen die erhöhten Anforderungen an Verträge mit beherrschenden Gesellschaftern nicht zur Anwendung, da der Ehemann hinsichtlich des Abschlusses der stillen Gesellschaft keine beherrschende Stellung inne hatte. Er war zwar mit 60 % Mehrheitsgesellschafter, jedoch erstreckte sich seine Geschäftsführungsbefugnis nur auf den Gesellschaftszweck und nur auf Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringt. Dagegen bedurften die Vornahme von Geschäften, die - wie die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft - außerhalb des Gesellschaftszwecks liegen oder die unüblich oder mit besonderen Risiken verbunden sind, der vorherigen Zustimmung durch einstimmigen Beschluss der Gesellschafter.
Hinweis
Aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Rahmenbedingungen war somit ausgeschlossen, dass der Ehemann infolge der aus seiner Beteiligung fließenden Stimmrechte in der Lage gewesen wäre, seinen Willen durchzusetzen und die GmbH zu dem Abschluss mit seiner Ehefrau ggf. zu zwingen. Entsprechend lag daher kein Vertrag mit nahen Angehörigen von beherrschenden Gesellschaftern vor, sondern ein Vertrag wie unter fremden Dritten, dessen steuerliche Anerkennung nicht von Fremdvergleichsvoraussetzungen abhängig ist.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.02.2011, 6 K 6124/07