Leitsatz
§ 10b Abs. 1 Satz 6 EStG (sog. Inlandsbezug) ist verfassungs- und europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass die Möglichkeit, dass die Tätigkeit des ausländischen Empfängers der Zuwendung zur Ansehenssteigerung Deutschlands beitragen kann, nicht ausgeschlossen ist.
Sachverhalt
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 beantragte die Klägerin den Abzug von Zahlungen in Höhe von 15.000 EUR an die durch Gesetzesdekret errichtete Pfarrgemeinschaft "A" mit Sitz in Rumänien als Spende. Das Finanzamt hat die Spende nicht zum Abzug zugelassen, weil es an der Voraussetzung des strukturellen Inlandsbezugs fehle. Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Das Finanzamt verkenne, dass die geltend gemachten Zuwendungen unter europarechtskonformer Auslegung der gesetzlichen Vorgaben als Spende nach § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG berücksichtigungsfähig seien.
Entscheidung
Nach Ansicht des Finanzgerichts hat das Finanzamt zu Unrecht die geltend gemachten Spenden nach Rumänien nicht anerkannt hat. Nach § 10b Abs. 1 EStG können Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 AO insgesamt bis zu 20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte als Sonderausgaben abgezogen werden. Voraussetzung für den Abzug ist, dass diese Zuwendungen an eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse geleistet werden, die in einem Mitgliedstaat der EU oder EWR nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Nr. 2 2. Halbsatz KStG steuerbefreit wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde. Fraglich ist im Streitfall lediglich, ob die Voraussetzung des § 10b Abs. 1 Satz 6 EStG in der allein denkbaren Variante erfüllt ist. Danach muss die Tätigkeit des Zuwendungsempfängers neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland beitragen können (sog. Inlandsbezug). Weder im Gesetz selbst noch in der Gesetzesbegründung findet sich eine Definition dessen, was zu einer Ansehenssteigerung der Bundesrepublik Deutschland führen kann und wann dies der Fall sein soll. Wegen dieser fehlenden gesetzlichen Definition und wegen der kritischen Meinungen im Schrifttum vertritt das Finanzgericht die Auffassung, die Tätigkeit der Zuwendungsempfängerin trage zur Ansehenssteigerung Deutschlands bei; was bei ihr als kirchlicher Einrichtung unter Beachtung ihrer Satzung offenkundig sei.
Hinweis
Das Finanzgericht hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Nach Auskunft des Gerichts wurde die Revision inzwischen eingelegt. Das Aktenzeichen der Revision ist jedoch noch nicht bekannt.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 20.01.2016, 9 K 3177/14