OFD Frankfurt, Verfügung v. 18.9.2019, S 2253 A – 85 – St 23
1. Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten bei Wohnungsüberlassungen an nahe Angehörige sowie an Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses
1.1 Allgemeines
Die nachfolgenden Ausführungen in Tz. 1.2 sind in allen Fällen einer verbilligten Überlassung (z.B. unter nahen Angehörigen) einer Wohnung zu Wohnzwecken im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu beachten.
Werden Wohnungen z.B. im Rahmen eines Dienstverhältnisses (verbilligt) überlassen, so gelten die unter Tz. 2 beschriebenen Ermittlungsmethoden für die ortsüblichen Vergleichsmieten entsprechend (vgl. ofix: EStG/8/64).
1.2 Verbilligte Vermietung im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Nach § 21 Abs. 2 EStG ist seit dem Veranlagungszeitraum 2012 die Nutzungsüberlassung einer zu Wohnzwecken genutzten Wohnung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, wenn das für die Nutzungsüberlassung gezahlte Entgelt weniger als 66 % der ortsüblichen Vergleichsmiete beträgt.
Grundsätzliche Voraussetzung für die Anerkennung von Mietverhältnissen unter nahen Angehörigen ist, dass der Mietvertrag zivilrechtlich wirksam geschlossen worden ist und tatsächlich wie vereinbart durchgeführt wird; dabei müssen Vertragsinhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (Fremdvergleich), vgl. ofix: EStG/4/61.
Für die Ermittlung der maßgeblichen Miete ist von ortsüblichen Marktmieten für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung auszugehen. Die ortsübliche Marktmiete umfasst die ortsübliche Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten (vgl. R 21.3 EStR und ofix: EStG/21/50).
Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger vermietet eine zuvor fremdvermietete Wohnung an seine Tochter. Das Mietverhältnis ist zivilrechtlich wirksam und wird auch wie vereinbart durchgeführt. Die Wohnung war zuvor für 500 EUR zzgl. 150 EUR Umlagen fremdvermietet. Die Tochter übernimmt sämtliche Umlagen und zahlt darüber hinaus eine Miete in Höhe von 285 EUR.
Die tatsächlich gezahlte Warmmiete beträgt 66,9 % der ortsüblichen Warmmiete und ist somit steuerrechtlich anzuerkennen. Bei einem Vergleich der Kaltmieten zueinander zahlt die Tochter lediglich 57 %.
Die Ermittlung der ortsüblichen Miete ist somit maßgebend für die Beurteilung, ob eine verbilligte Wohnraumüberlassung vorliegt. Diese Ermittlung gestaltet sich in der Praxis oftmals schwierig. Es geht darum, eine ortsübliche Vergleichsmiete ggf. im Rahmen einer sachgerechten Schätzung nach § 162 Abs. 1 AO zu ermitteln. Die ermittelte ortsübliche Warmmiete sollte dann auch in einem sich ggf. anschließenden Einspruchs- oder finanzgerichtlichen Verfahren belastbar sein.
Die nachfolgenden Ausführungen sollen für die Finanzamtspraxis Hilfestellungen geben, wie eine ortsübliche Miete ermittelt werden kann. Dabei werden zunächst die Ermittlungsmöglichkeiten der „Kaltmiete”, anschließend Ermittlungsmöglichkeiten der umlagefähigen Kosten beschrieben. Die nachfolgenden Ausführungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dem Steuerpflichtigen bleibt es unbenommen, die tatsächliche ortsübliche Miete für nach Lage, Art und Ausstattung vergleichbare Wohnungen nachzuweisen.
Die festsetzungsnahen Daten sind zu pflegen, die im Rahmen der Veranlagungstätigkeiten gewonnenen Erkenntnisse und Feststellungen sind dort zu vermerken (vgl. hierzu ofix: EStG/21/42 und ofix: EStG/21/21).
2. Ermittlung der ortsüblichen Kaltmiete
Die Ermittlung der ortsüblichen Kaltmiete erfolgt in dem nachfolgend dargestellten abgestuften Verfahren. Die Ermittlungen der Kaltmieten sollten in der dargestellten Reihenfolge durchgeführt werden.
2.1 Ermittlung nach zuvor gezahlten Entgelten oder bei Vermietung von weiteren Wohnungen im gleichen Haus
War die Wohnung vor der Überlassung an nahe Angehörige an fremde Dritte vermietet, so kann in der Regel der zuvor vereinbarte Mietpreis der Überprüfung, ob eine verbilligte Vermietung vorliegt, zugrunde gelegt werden. Dies gilt nur, wenn keine wesentlichen Veränderungen an der vermieteten Wohnung vorgenommen wurden.
Werden neben der an nahe Angehörige vermieteten Wohnung noch weitere Wohnungen im gleichen Haus an fremde Dritte vermietet, so kann anhand dieser Informationen der ortsübliche Mietpreis ermittelt werden.
2.2 Rückgriff auf Mietspiegel der Städte und Gemeinden
Die ortsübliche Miete kann grundsätzlich anhand der örtlichen Mietspiegel ermittelt werden. Nach § 558c BGB sollen die Städte und Gemeinden Mietspiegel erstellen, wenn hierfür ein öffentliches Interesse besteht. Vereinzelt erstellen Kommunen auch qualifizierte Mietspiegel (§ 558d BGB) oder Mietdatenbanken (§ 558e BGB). Soweit Mietspiegel, qualifizierte Mietspiegel oder Mietdatenbanken vorhanden sind, bestehen keine Bedenken, die entsprechenden Werte steuerlich anzusetzen. Mietspiegel bzw. vergleichbare Übersichten existieren für die Bereiche der Städte Frankfurt, Darmstadt, Offenbach, Hanau (bis 31.7.2019; bis 31.7.2021), Marburg un...