BMF, Schreiben v. 30.12.1999, IV D 6 - S 0338 - 107/99, BStBl I 2000, 36
Durch das Gesetz zur Familienförderung wurde mit der Einführung eines Betreuungsfreibetrags. zusätzlich zum Kinderfreibetrag § 32 Abs. 6 EStG) und durch eine Sondervorschrift zur Steuerbefreiung des Existenzminimums eines Kindes in den Veranlagungszeiträumen 1983 bis 1995 § 53 EStG) den Beschlüssen des Zweiten Senats des BVerfG vom 10.11.1998 (BStBl 1999 II S. 174, BStBl 1999 II S. 182, BStBl 1999 II S. 193, BStBl 1999 II S. 194) Rechnung getragen. Die Höhe der Kinderfreibeträge für Veranlagungszeiträume ab 1996 entspricht den Vorgaben des BVerfG. Es besteht somit keine Veranlassung mehr, ESt-Festsetzungen hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge bzw. der Abziehbarkeit von Kinderbetreuungskosten vorläufig durchzuführen.
Ferner hat der Zweite Senat des BVerfG mit Urteil vom 7.12.1999, 2 BvR 301/98 festgestellt, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG (beschränkte Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer) verfassungsgemäß ist.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt daher Folgendes:
Die Nummern 1 (Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer), 4 (Höhe der Kinderfreibeträge für Veranlagungszeiträume ab 1986) und 5 (Abziehbarkeit von Kinderbetreuungskosten nach § 33 c EStG beiderseits berufstätiger Ehegatten) der Anlage zum BMF-Schreiben vom 10.4.1995, IV A 4 - S 0338 - 13/95/IV A 5 - S 0622 - 23/95 (BStBl 1995 I S. 264), zuletzt neu gefasst durch BMF-Schreiben vom 10.12.1998, IV D 6 - S 0338 - 13/98 (BStBl 1998 I S. 1496), werden mit sofortiger Wirkung gestrichen. Soweit ESt-Festsetzungen für die Veranlagungszeiträume 1983 bis 1995 hinsichtlich der Anwendung des § 53 EStG noch nicht überprüft worden sind, verbleibt es aber bei der Vorläufigkeitserklärung bezüglich der Höhe der Kinderfreibeträge.
Soweit Veranlagungen zur ESt hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge und/oder der Abziehbarkeit von Kinderbetreuungskosten für vorläufig erklärt wurden, beginnt die Zweijahresfrist i.S. des § 171 Abs. 8 Satz 2 AO am 1.1.2000 (Tag des In-Kraft-Tretens des Gesetzes zur Familienförderung) zu laufen. Sie endet am 31.12.2001, und zwar auch, soweit die Steuer vor dem Inkrafttreten der Ergänzung des § 165 Abs. 1 AO durch das Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz vom 21.12.1993 (BStBl 1994 I S. 50) vorläufig festgesetzt wurde.
Es ist vorgesehen, im Rahmen der im Jahr 2001 zu beschließenden zweiten Stufe der Neuregelung des Familienleistungsausgleichs eine Rechtsgrundlage für eine rationelle Abwicklung der wegen des Familienleistungsausgleichs eingelegten Einsprüche zu schaffen. Daher bestehen keine Bedenken, die wegen der behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 32 Abs. 6 EStG bzw. des § 33 c EStG anhängigen Einspruchsverfahren weiter ruhen zu lassen, falls nicht der Einspruchsführer zu erkennen gibt, dass er mit der weiteren Verfahrensruhe nicht einverstanden ist.
Ein Ruhenlassen außergerichtlicher Rechtsbehelfsverfahren § 363 Abs. 2 AO) wegen der behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG, ggf. i.V. mit § 9 Abs. 5 EStG kommt nicht mehr in Betracht. Art. 97§ 18 a EGAO (Erledigung von Massenrechtsbehelfen) ist insoweit nicht anwendbar, da diese Vorschrift nur für vor dem 1.1.1995 eingelegte Einsprüche gilt und § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 1996 anzuwenden ist § 52 Abs. 1 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11.10.1995, BStBl 1995 I S. 438).
Die Anlage zum BMF-Schreiben vom 10.4.1995 (, a.a.O.), zuletzt neu gefasst durch BMF-Schreiben vom 10.12.1998 (, a.a.O.), wird mit sofortiger Wirkung wie folgt gefasst:
„Steuerfestsetzungen sind hinsichtlich folgender Punkte vorläufig vorzunehmen:
- Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen § 12 EStG)
- Besteuerung von Versorgungsbezügen § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG) für Veranlagungszeiträume ab 1993.”
Normenkette
AO § 165 Abs. 1
Fundstellen
BStBl I, 2000, 36