Prof. Dr. rer. pol. Hanno Kirsch
Rz. 38
Nach IAS 8.27A hat eine Berichterstattende Einheit wesentliche Angaben zu seinen angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zu machen. Die Angaben zu den Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sind dann wesentlich, wenn bei gemeinsamer Betrachtung mit anderen im Abschluss enthaltenen Informationen vernünftigerweise erwartet werden kann, dass diese Entscheidungen der primären Abschlussnutzer, die diese auf der Grundlage der Abschlüsse treffen, beeinflussen können. Dementsprechend entfallen Angaben zu den Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, die sich auf unwesentliche Transaktionen, Ereignisse oder Bedingungen beziehen.
Angaben zu den Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden können jedoch aufgrund der Art der Geschäftsvorfälle, sonstigen Ereignisse oder Bedingungen wesentlich sein, selbst wenn die entsprechenden Beträge unwesentlich sind.
Weiterhin sind Angaben zu den Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden dann als wesentlich zu betrachten, wenn die Adressaten des Abschlusses diese Informationen benötigen, um andere wesentliche Informationen im Abschluss zu verstehen.
Ein Beispiel hierfür ist, dass die IFRS ein Bilanzierungs- oder Bewertungswahlrecht enthalten, das durch die Berichterstattende Einheit ausgeübt wird, oder aber die von der Berichterstattenden Einheit vorgenommene Änderung einer Bilanzierungs- und Bewertungsmethode mit einer wesentlichen Änderung der Angaben im Anhang einhergeht (z. B. Angaben zu den als Finanzinvestitionen gehaltenen Immobilien in Abhängigkeit davon, ob das Zeitwertbewertungsmodell oder das Kostenmodell zur Bewertung der Finanzinvestitionen gewählt wird). Somit hat der Bilanzierende letztlich eine Beurteilung vorzunehmen, welche Informationen über die angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden im Zusammenspiel mit den diesen unterliegenden Transaktionen, Ereignissen oder Bedingungen sowie sonstigen im Abschluss enthaltenen Angaben als wesentlich im Sinne einer möglichen Entscheidungsbeeinflussung der primären Abschlussnutzer anzusehen sind. Mit dieser Wesentlichkeitsprüfung will der IASB vermeiden, dass standardisierte Angaben über die Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, welche nur die IFRS reproduzieren, wesentliche Angaben über die Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden verschleiern.
Rz. 39
Nach dem früheren IAS 1.99 (1997) waren zumindest für folgende Abschlussposten die spezifisch angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden anzugeben:
- Ertragsrealisierung,
- Konsolidierungsmethoden,
- Unternehmenszusammenschlüsse,
- Joint Ventures,
- Ansatz und Abschreibungsmethoden materieller und immaterieller Vermögenswerte,
- Aktivierung von Fremdkapitalkosten und anderer Aufwendungen,
- Fertigungsaufträge,
- (als) Finanzinvestitionen (gehaltene Immobilien),
- Finanzinstrumente und -investitionen,
- Leasing,
- Forschungs- und Entwicklungskosten,
- Vorräte,
- Steuern (einschließlich latenter Steuern),
- Rückstellungen,
- Zuwendungen an Arbeitnehmer,
- Fremdwährungsumrechnung,
- Abgrenzung von Geschäftssegmenten und geografischen Segmenten sowie die Basis der Zurechnung von Aufwendungen auf die Segmente,
- Abgrenzung von Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalenten,
- Inflationsbilanzierung,
- Zuschüsse der öffentlichen Hand.
Wie unter Rz. 38 ausgeführt, sind Angaben in Bezug auf die für die vorstehend genannten und ggfs. weitere Posten angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden immer dann vorzunehmen, wenn in Bezug auf diese Posten Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte nach den IAS/IFRS bestehen, die diesen Posten zugrundeliegenden Geschäftsvorfälle, Ereignisse oder Bedingungen nicht unwesentlich sind oder die Angaben in Bezug auf die Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden im Zusammenspiel mit anderen im Abschluss enthaltenen Angaben wesentlich sind, sodass von deren Angabe vernünftigerweise erwartet werden kann, dass diese imstande sind Entscheidungen der primären Nutzer zu beeinflussen. Unter dieser Voraussetzung können im Einzelnen folgende Angaben zu den für die einzelnen Posten angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden vorzunehmen sein:
Rz. 40
Ertragsrealisierung
Der für die Ertragsrealisierung einschlägige IFRS 15 setzt ein auf grundsätzlich sämtliche Formen von Kundenverträgen anzuwendendes 5-stufiges Erlösrealisierungsmodell (Identifikation von Verträgen mit Kunden, Identifikation separater Leistungsverpflichtungen, Ermittlung des Transaktionspreises, Allokation des Transaktionspreises auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen und Ertragsrealisierung bei Erfüllung von Leistungsverpflichtungen) um. Auf den einzelnen Stufen des Erlösrealisierungsmodells bestehen sowohl einzelne, aus Praktikabilitätsgründen gewährte echte Wahlrechte, z. B. Möglichkeit des Verzichts auf die Herausrechnung eines Finanzierungskostenanteils aus der Gegenleistung, wenn der Zeitraum zwischen der Übertragung der Güter bzw. Dienstleistungen und der Erbringung der Gegenleistung höchstens ein Jahr beträgt, als auch eine Reihe sog. verdeckter Wahlrechte, wie z. B. Schätzungen der Höhe...