Prof. Dr. rer. pol. Hanno Kirsch
Rz. 73
Nach IAS 1.122 sollen "in der Zusammenfassung der wesentlichen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden oder in den sonstigen Erläuterungen" die Einschätzungen des Managements offengelegt werden, welche das Management bei Anwendung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden vorgenommen hat und die einen wesentlichen Einfluss auf den IFRS-Abschluss haben.
IAS 1.124 stellt klar, dass in Einzelfällen entsprechende Offenlegungsvorschriften bereits nach speziellen IFRS existieren und insoweit sich die nach IAS 1.122 vorgeschriebenen Offenlegungspflichten bereits aus diesen Standards ergeben. So sind nach IFRS 12.9a die Gründe anzugeben, warum ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen nicht beherrscht wird. IAS 40.75c verlangt die Angabe der Kriterien, welche die Unternehmensführung bei Schwierigkeiten in der Abgrenzung anwendet, um zwischen den Finanzinvestitionen (Anwendungsbereich des IAS 40) und dem sonstigen Immobilienvermögen (Anwendungsbereich des IAS 16, IAS 2 oder IAS 11 bzw. IFRS 15) zu unterscheiden.
IAS 1.122 beinhaltet gegenüber den o. g. nach einzelnen IAS/IFRS vorgeschriebenen Offenlegungspflichten eine Angabepflicht sämtlicher wesentlicher Einschätzungen, die bilanzierungs-, bewertungs- und konsolidierungsrelevant sind. IAS 1.123 enthält hierzu einige Beispiele (jedoch nicht abschließend).
Rz. 74
Die Offenlegung der Einschätzungen und Beurteilungen des Managements ist zunächst zu begrüßen, da dem Abschlussadressaten die Bedeutung der Einschätzungen und Beurteilungen durch die Offenlegungspflicht des IAS 1.122 verdeutlicht wird.
Der Abschlussleser erhält jedoch keine Information über die quantitative Bedeutung der Einschätzungen und Beurteilungen des Managements. Da die Erfassung einer solchen Information nicht unerhebliche Abgrenzungsprobleme aufwirft, wäre hier die Angabe des Buchwerts der Vermögenswerte und Schulden, welche durch die Einschätzungen und Beurteilungen des Managements maßgeblich beeinflusst sind, zweckmäßig.
Nach dem Wortlaut des IAS 1.122 ergibt sich nur eine Angabepflicht der Einschätzungen und Beurteilungen, die auf die Auswahl der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden Einfluss haben, jedoch keine generelle Angabepflicht für die tragenden Gründe der auf Basis der Einschätzungen letztlich gewählten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. Hier wäre eine allgemeine Regelung für alle Bereiche, in denen Einschätzungen und Beurteilungen eine wichtige Rolle spielen, wünschenswert.
Rz. 75
Zuletzt ist noch darauf hinzuweisen, dass Einschätzungen und Beurteilungen auch für die Darstellung von Anhanginformationen, insbesondere bei der Feststellung und Bewertung von Eventualschulden und Eventualforderungen und bei der Klassifizierung von Aktivitäten als "aufgegebene Geschäftsbereiche" Bedeutung haben können.