Literatur: Fammels, IStR 2017, 898; Grotherr, Ubg 2022, 576; Krüger, DStR 2023, 619; Wehnert/Kunkel, DStR 2023, 624

Eine besondere Problematik tritt auf bei der Berücksichtigung von Parallelimporten, insbesondere in der Pharmabranche. Der ausländische Hersteller kann die Tochtergesellschaften in verschiedenen Staaten zu unterschiedlichen Preisen je nach den Marktverhältnissen in den jeweiligen Staaten beliefern. Das ermöglicht es, konzernunabhängigen Handelsunternehmen, Produkte in Staaten mit niedrigem Preisniveau aufzukaufen und in Staaten mit hohem Preisniveau, z. B. Deutschland, zu liefern. Im Folgenden wird vorausgesetzt, dass die Parallelimporte die Konzernprodukte betreffen. Importieren die konzernunabhängigen Vertriebsunternehmen nicht die Konzernprodukte, sondern gleichwertige, von anderen Herstellern hergestellte Produkte, kann kein Problem mit einer verdeckten Gewinnausschüttung entstehen.

Das deutsche Konzernunternehmen steigert in der genannten Situation mit seinen Marketingaufwendungen den Umsatz und den Gewinn des ausländischen konzernangehörigen Produzenten, der beide Vertriebswege, über die konzernangehörige Vertriebsgesellschaft und über die Parallelimporte, nutzen kann. Es wird davon ausgegangen, dass weder die ausländische Muttergesellschaft noch die inländische Vertriebsgesellschaft aus rechtlichen Gründen die Parallelimporte verhindern können. Die Entscheidung, ob ein Produkt aus dem Parallelimport oder aus dem Direktimport bezogen und an den Verbraucher geliefert wird, hängt nicht von einer Konzerngesellschaft, sondern den unabhängigen regionalen Verkäufern, z. B. Apotheken, ab. Die inländische Vertriebsgesellschaft erleidet durch die Parallelimporte dagegen Umsatz- und Gewinneinbußen, wenn sich die Vergütung, die im Verrechnungspreis enthalten ist, nur nach der Höhe der Direktimporte richtet, die Parallelimporte also nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Eine weitere Gewinnminderung erleidet die inländische Vertriebsgesellschaft, wenn die Marketingaufwendungen, z. B. die Vergütung für Handelsvertreter, auch von der Höhe der Parallelimporte abhängen.

Die Frage, ob dieser doppelte Vertriebsweg zu einer verdeckten Gewinnausschüttung der inländischen Vertriebsgesellschaft an die ausländische Muttergesellschaft führt, hat mehrere Komponenten, die unabhängig voneinander zu beurteilen sind. Die Gewinnminderung, die durch die Parallelimporte bei der inländischen Vertriebsgesellschaft eintreten, stellen eine verhinderte Vermögensmehrung dar. Diese verhinderte Vermögensmehrung beruht aber nicht auf einer Handlung, die der abhängigen Gesellschaft zuzurechnen ist; diese kann die Parallelimporte und damit die verhinderte Vermögensmehrung nicht verhindern, kann also nicht ihrem Verantwortungsbereich zugerechnet werden.[1]

Das ist unabhängig davon, dass die Muttergesellschaft aus den Parallelimporten Vorteile erzielt. Wenn die Vermögensmehrung bei der Muttergesellschaft nicht auf einer der abhängigen Gesellschaft zurechenbaren Handlung beruht, kann keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen. Das gegenteilige Ergebnis kann nicht auf den pauschalen Hinweis, es sei die gesamte Wertschöpfungskette innerhalb des Konzerns zu berücksichtigen, gestützt werden.[2]

Das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung kann nicht dazu genutzt werden, an die Stelle der Beurteilung des Verhaltens der einzelnen Gesellschaft eine pauschale Konzernbetrachtung zu setzen.

Anders zu beurteilen kann aber die Vermögensminderung sein, die durch die Marketingaufwendungen entsteht. Soweit die Parallelimporte nicht in die Bemessungsgrundlage der Marketingaufwendungen eingehen, liegt m. E. keine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Hierbei handelt es sich um Werbeaufwendungen und Aufwendungen für die Handelsvertreter (Pharmareferenten), wenn deren Vergütung nur nach den Direktimporten berechnet wird. In diesem Fall fördern die Marketingaufwendungen zwar unter Umständen mittelbar auch die Parallelimporte und damit Umsatz und Gewinn der ausländischen Konzerngesellschaften. Diese Förderung ist aber nicht zielgerichtet durch die inländische Vertriebsgesellschaft erfolgt, sondern eine Reflexwirkung, die darauf beruht, dass die Marketingaktivitäten nicht zielgenau nur auf die Direktimporte gerichtet sein können. Die inländische Vertriebsgesellschaft fördert mit den Marketingaufwendungen insoweit nur ihre eigenen betrieblichen Zwecke. Dass damit auch eine Förderung der ausländischen Produktionsgesellschaft verbunden ist, ist notwendige Folge der Stellung als Vertriebsgesellschaft und durch die Marge aus den Verrechnungspreisen zwischen Produktions- und Vertriebsgesellschaft abgegolten, soweit diese Verrechnungspreise drittvergleichskonform sind. Eine zielgerichtete Begünstigung der Muttergesellschaft, und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung, liegt m. E. nicht vor.

Anders ist es jedoch, soweit die Höhe der Marketingaufwendungen auch von der Höhe der Parallelimporte abhängt, also soweit die Bemessungsgrundlage für die Vergütung d...

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