Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Rz. 1171
[Investitionsabzugsbetrag → Zeilen 81–86, 88]
Mithilfe des Investitionsabzugsbetrags (§ 7g EStG) kann die Steuerbelastung beeinflusst werden, wenn der Unternehmer beabsichtigt, innerhalb der nächsten drei Wirtschaftsjahre Investitionen zu tätigen. Siehe BMF, Schreiben v. 15.6.2022, IV C 6 – S 2139-b/21/10001:001, BStBl 2022 I S. 945.
Rz. 1172
[Bildung des Investitionsabzugsbetrags → Zeile 88]
Als begünstigte Wirtschaftsgüter kommen nur bewegliche Wirtschaftsgüter in Betracht. Nicht begünstigt ist der geplante Erwerb bzw. die Herstellung von unbeweglichen (Gebäude) und immateriellen Gütern (Praxis-/Geschäftswerte, Lizenzen, Patente, Finanzanlagen) sowie der geplante Erwerb eines GbR-Anteils (FG Münster, Urteil v. 26.3.2021, 4 K 1018/19 E,F, EFG 2021 S. 119, Revision beim BFH anhängig unter Az. IV R 11/21).
Das zu beschaffende Wirtschaftsgut muss später zum Anlagevermögen gehören. Auch Ausstellungsstücke oder Vorführwagen gehören bis zu einer Umwidmung für den Verkauf zum Anlagevermögen. Unter die begünstigte Anschaffung fallen auch gebrauchte Wirtschaftsgüter und geringwertige Wirtschaftsgüter. Ab 2021 sind auch Wirtschaftsgüter begünstigt, die vermietet werden.
Der Betrieb, für den das Wirtschaftsgut angeschafft wird, muss sich aktiv am wirtschaftlichen Verkehr beteiligen. Eine Anschaffung für einen verpachteten Betrieb ist nicht begünstigt. Außerdem darf das Unternehmen die Gewinngrenze von 200.000 EUR nicht überschreiten. Diese gilt für alle Einkunftsarten (L+F § 13 EStG, Gewerbetrieb § 15 EStG, selbstständige Arbeit § 18 EStG) und Gewinnermittlungsarten.
Eine Gewinnerhöhung aufgrund der Auflösung eines Investitionsabzugsbetrags ist dabei einzubeziehen (BFH, Urteil v. 15.4.2015, VIII R 29/13, BFH/NV 2015 S. 1463).
Rz. 1173
Es müssen keine konkreten Investitionspläne bestehen. Weder eine Benennung des Wirtschaftsguts noch die Höhe der voraussichtlichen AK oder HK müssen angegeben werden.
Auch der Betriebsgründer kann bereits vor Aufnahme der aktiven betrieblichen Tätigkeit einen Investitionsabzugsbetrag bilden, ohne dass er den Nachweis konkreter Bestellabsichten führen muss. Das gilt auch für den Plan einer "wesentlichen Erweiterung" eines bestehenden Betriebs, z. B. bei Ausdehnung auf einen weiteren Geschäftszweig oder einer "wesentlichen" Kapazitätserweiterung.
Rz. 1174
Es muss beabsichtigt sein, das Unternehmen fortzuführen. Bestehen Pläne, das Unternehmen einzustellen oder zu veräußern, liegt keine Investitionsabsicht vor. Die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrag ist auch möglich, wenn im Zeitpunkt seiner Geltendmachung feststeht, dass die Investition nicht mehr von dem Steuerpflichtigen selbst, sondern aufgrund einer bereits durchgeführten oder feststehenden unentgeltlichen Betriebsübertragung von dem Betriebsübernehmer vorgenommen werden soll (BFH, Urteil v. 10.3.2016, IV R 14/12, BFH/NV 2016 S. 1344).
Beim Einzelunternehmen ist die Bildung des Investitionsabzugsbetrags nicht zulässig, wenn im Zeitpunkt der Geltendmachung bereits feststeht, dass das Einzelunternehmen zu Buchwerten in eine GmbH eingebracht wird (BFH, Beschluss v. 14.4.2015, GrS 2/12, BFH/NV 2015 S. 1737). Eine Übertragung des Betriebs im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ist aber nicht schädlich (BFH, Urteil v. 10.3.2016, IV R 14/12, BFH/NV 2016 S. 1344).
Rz. 1175
Für die Investition räumt das Gesetz dem Unternehmen grundsätzlich einen Zeitraum bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahrs ein.
Aufgrund der Corona-Pandemie wurden die Fristen mehrfach verlängert. Aktuell gilt:
Investitionsabzugsbetrag gebildet in |
2016 (nur L+F) |
2017 |
2018 |
2019 |
2020 |
2021 |
Investitionsfrist endet |
2023 |
2023 |
2023 |
2023 |
2023 |
2024 |
Verlängerung der Investitionsfrist – Verdoppelung der Höchstbeträge?
Unklar ist, ob die Erweiterung des grundsätzlich dreijährigen Investitionszeitraums nach § 7g EStG auf bis zu sechs Jahre Auswirkungen auf die Höchstbeträge hat. Siehe dazu Hänsch, BBK Nr. 20 v. 21.10.2022 S. 950.
Rz. 1176
Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags setzt Folgendes voraus:
- Das Wirtschaftsgut muss mindestens zwei Wirtschaftsjahre (Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung und im darauffolgenden Wirtschaftsjahr)
- in einer inländischen Betriebsstätte verbleiben und
- ausschließlich oder nahezu ausschließlich (zu mindestens 90 %) betrieblich genutzt werden.
Die Verbleibensvoraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Wirtschaftsgüter vermietetet werden, oder wenn ein Werkzeug einem Zulieferer zur Herstellung von, durch den Investor in Auftrag gegebenen Teilen, überlassen wird (BFH, Urteil v. 3.12.2020, IV R 16/18, BFH/NV 2021 S. 716).