Dipl.-Finanzwirt (FH) Willi Dittmann
1 Allgemeines
1.1 Steuervergünstigungen für Kinder
Rz. 545
Für Kinder gibt es eine Vielzahl von Steuervergünstigungen. Dazu zählen im Wesentlichen:
- Kindergeld oder Kinderfreibetrag und Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf des Kindes (→ Tz 564)
- Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (→ Tz 570)
- Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines sich in Ausbildung befindlichen, auswärtig untergebrachten Kindes bei den außergewöhnlichen Belastungen (→ Tz 575)
- Abzug von Schulgeldzahlung als Sonderausgaben (→ Tz 583)
- Übertragung des Pauschbetrags für behinderte Menschen für ein behindertes Kind bei den außergewöhnlichen Belastungen (→ Tz 458)
- Abzug von Beiträgen zu einer Kranken- und Pflegepflichtversicherung für ein Kind als Sonderausgaben (→ Tz 569)
- Abzug von Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben (→ Tz 590)
- geringere zumutbare Eigenbelastung bei den außergewöhnlichen Belastungen (→ Tz 463)
- Kinderzulage für Beiträge in eine Riester-Versicherung (→ Tz 541)
Rz. 546
Alle diese Steuervergünstigungen setzen voraus, dass das Kind nach § 32 Abs. 1–5 EStG steuerlich berücksichtigt werden kann.
Monatsprinzip für Tatbestände zur Kinderberücksichtigung beachten
Für alle Tatbestände zur Kinderberücksichtigung (z. B. Geburtsmonat, das Erreichen bestimmter Altersgrenzen, Abschluss einer Berufsausbildung), Kindergeld sowie für alle Kind abhängigen Freibeträge und Höchstbeträge gilt das Monatsprinzip. Die jeweils notwendigen Voraussetzungen müssen nur einen Tag im Monat vorliegen, um in den "Genuss" der Steuervergünstigung zu kommen (Anspruchsmonat).
Abzug als außergewöhnliche Belastungen bei nicht berücksichtigungsfähigem Kind
Aufwendungen für den Unterhalt, die Berufsausbildung oder Kranken- und Pflegepflichtversicherungsbeiträge für ein nicht berücksichtigungsfähiges Kind sind u. U. als außergewöhnliche Belastungen (§ 33a Abs. 1 EStG) zu berücksichtigen (→ Tz 596).
1.2 Voraussetzungen für die steuerliche Berücksichtigung von Kindern
Rz. 547
[Angaben zum Kind, Kindschaftsverhältnis → Zeilen 4–15]
Ein Kind kann bei einem Steuerpflichtigen nur berücksichtigt werden, wenn ein Kindschaftsverhältnis zu ihm besteht und das Kind bestimmte altersbezogene Voraussetzungen erfüllt (§ 32 Abs. 1–5 EStG). Sind die Eltern eines Kindes nicht verheiratet bzw. wählen sie die Einzelveranlagung, erhält jeder Elternteil bei seiner Steuerveranlagung die vom Kind abhängigen Steuervergünstigungen grds. hälftig. Lebt das Kinder im Inland, muss die (deutsche) Identifikationsnummer des Kindes angegeben werden. Bei Auslandskindern ist grds. ein eindeutiger geeigneter Identitätsnachweis (z. B. ausländische persönliche Identifikationsnummer, Geburtsurkunde, amtlicher Ausweis) erforderlich. Einzelheiten vgl. BZSt, Schreiben v. 9.8.2016, St II 2 – S 2471-PB/16/00001, BStBl 2016 I S. 801.
Rz. 548
Kindschaftsverhältnis
Das EStG unterscheidet zwischen im ersten Grad verwandten Kindern und Pflegekindern. Von Bedeutung sind auch Stiefkinder und Enkelkinder.
Ein Kindschaftsverhältnis i. S. d. EStG besteht vor allem bei den im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandten Kindern (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Das sind leibliche Kinder (eheliche, nicht eheliche, für ehelich erklärte) und adoptierte Kinder.
Adoptivkinder können, soweit durch die Adoption das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern erloschen ist (Kind war im Zeitpunkt der Adoption minderjährig), nur bei den Adoptiveltern berücksichtigt werden, anderenfalls werden sie vorrangig bei den Adoptiveltern berücksichtigt (§ 32 Abs. 2 EStG).
Rz. 549
Ein Pflegekindschaftsverhältnis (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG) setzt voraus, dass das Pflegekind im Haushalt der Pflegeeltern sein Zuhause hat (BFH, Beschluss v. 12.10.2016, XI R 1/16, BFH/NV 2017 S. 298) und diese zu dem Kind in einer familienähnlichen, auf längere Dauer angelegten Beziehung wie zu einem eigenen Kind stehen. Zwischen den Pflegeeltern und dem Kind muss ein Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsverhältnis wie zwischen Eltern und leiblichem Kind bestehen. Nicht entscheidend ist, wer die Personensorge für das Kind innehat. Kinder, die zu Erwerbszwecken in den Haushalt aufgenommen wurden (sog. Kostkinder) sind nicht berücksichtigungsfähig. Dabei ist die sozialrechtliche Einordung der Unterbringung ist für die steuerliche Einordnung entscheidend. Weitere Voraussetzung für das Bestehen eines Pflegekindschaftsverhältnisses ist, dass das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern nicht mehr besteht, d. h. die familiären Bindungen auf Dauer aufgegeben wurden. Gelegentliche besuchsweise Kontakte zu den leiblichen Eltern sind ohne Bedeutung.
Rz. 550
Für die steuerliche Berücksichtigung eines Kindes ist ohne Bedeutung,
- ob das Kind zum Haushalt (der Eltern) gehört (Ausnahme Pflegekinder s. o.),
- ob das Kind eigenes Vermögen oder eigene Einkünfte und Bezüge hat und
- ob das Kind im Inland oder im Ausland lebt (Für Auslandskinder besteht u. U. kein Kindergeldanspruch. Hat ein Kind seinen Wohnsitz im Ausland, kann dieser Umstand die Höhe der Freibeträge für das Kind beeinflussen (→ Tz 566).
Ist ein Elternteil verstorben, bekommt der noc...