Dipl.-Finanzwirt (FH) Willi Dittmann
Rz. 734
Abzugsfähige Mehraufwendungen
Bei doppelter Haushaltsführung sind nur die durch die zweite Haushaltsführung angefallenen Mehraufwendungen, soweit sie notwendig sind, abziehbar (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG). Dies gilt für
- Fahrtkosten,
- Ausgaben für die Zweitwohnung (Unterkunft),
- Verpflegungsmehraufwand,
- sonstige Kosten z. B. Umzug, Einrichtung.
[Fahrtkosten → Zeilen 13–22]
Rz. 735
Fahrtkosten (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 Sätze 5–8 EStG; R 9.11 Abs. 5–6 LStR 2023). Als notwendige Fahrtkosten erkennt die Finanzverwaltung an
- Erste und letzte Fahrt im Rahmen der doppelten Haushaltsführung: Hier können die tatsächlichen Kosten (→ Tz 676) bzw. ohne Kostennachweis die Pauschsätze wie bei den Reisekosten, z. B. bei Kfz-Nutzung 0,30 EUR je gefahrenen Kilometer (→ Tz 715) und Parkgebühren geltend gemacht werden.
Familienheimfahrten: Abzugsfähig ist maximal eine tatsächlich durchgeführte Familienheimfahrt (Hin- und Rückfahrt) wöchentlich. Die Kosten können nur mit der Entfernungspauschale von 0,30 EUR je Entfernungskilometer (einfache Entfernung) bzw. 0,38 EUR ab dem 21. Entfernungskilometer zur Lebensmittelpunktwohnung geltend gemacht werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG). Die Entfernungspauschale für die wöchentlichen Heimfahrten kann auch angesetzt werden, wenn tatsächlich keine Kosten (z. B. Freifahrt mit der Bahn, kostenlose Mitfahrgelegenheit) angefallen sind (BFH, Urteil v. 18.4.2013, VI R 29/12, BFH/NV 2013 S. 1318), vorausgesetzt der Steuerpflichtige weist nach, dass er zu seiner Familie gefahren ist. Bei steuerfreier Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 5 EStG) oder Nutzung eines Firmenwagens (Anlage N-doppelte HF, Zeile 13) ist kein Kostenabzug zulässig (s. u.). Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer Zuzahlungen für die Dienstwagenüberlassung leistet oder individuelle Fahrzeugkosten trägt (BFH, Urteil v. 4.8.2022, VI R 35/20, BFH/NV 2022 S. 1233).
- Mit der Entfernungspauschale sind grds. alle Kosten abgegolten. Der Abzug der (höheren) tatsächlichen Kosten ist bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und für Menschen mit Behinderung (mindestens 70 % Grad der Behinderung oder 50 % und Merkzeichen "G" oder "aG") zulässig. Letztere können bei Nutzung eines Kfz ohne Einzelnachweis 0,60 EUR je Entfernungskilometer zur Lebensmittelpunktwohnung geltend machen.
- Ohne wöchentliche Heimfahrt können stattdessen die angemessenen Telefonkosten (Ferngespräch bis 15 Minuten) berücksichtigt werden (R 9.11 Abs. 5 Nr. 1 LStR 2023; H 9.11 Abs. 5–10 "Telefonkosten" LStH 2023).
- Fahrten von der Zweitunterkunft zur ersten Tätigkeitsstätte: Die Kosten sind grds. mit der Entfernungspauschale zu berechnen (→ Tz 665).
- Unfallkosten, die auf einer (abzugsfähigen) Fahrt im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung entstanden sind, können zusätzlich berücksichtigt werden (→ Tz 709).
Rz. 736
Wahlrecht: doppelte Haushaltsführung oder tatsächliche Heimfahrten
Findet mehr als eine Familienheimfahrt wöchentlich statt, kann der Arbeitnehmer statt Kosten für eine doppelte Haushaltsführung alle tatsächlich durchgeführten Heimfahrten als Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit der Entfernungspauschale ansetzen (R 9.11 Abs. 5 Satz 2 LStR 2023).
Dies ist insbesondere dann günstiger, wenn mehrere Fahrten unter der Woche stattgefunden haben, keine oder nur geringe Übernachtungskosten anfallen und Verpflegungsmehraufwendungen nicht (mehr) abzugsfähig sind.
Das Wahlrecht muss im Rahmen derselben doppelten Haushaltsführung im Kalenderjahr einheitlich ausgeübt werden (Anlage N-doppelte HF, Zeile 12). Es kann jährlich neu entschieden werden.
[Kosten der Unterkunft → Zeilen 23, 24]
Rz. 737
Aufwendungen für die Zweitwohnung
Abzugsfähig sind die tatsächlichen Kosten der Unterkunft am Arbeitsort bis monatlich maximal 1.000 EUR (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG). Das gilt für eine angemietete Unterkunft ebenso wie für eine Wohnung im Eigentum des Steuerpflichtigen. Der gesetzliche Höchstbetrag von 1.000 EUR/Monat umfasst die Aufwendungen für die Unterkunft wie z. B. Miete, Nebenkosten, Reinigung, Zweitwohnungsteuer, Kfz-Stellplatz oder Garage. Der BFH muss klären, ob – entgegen der Verwaltungsauffassung – die Kosten für einen Stellplatz nicht zu den auf 1000 EUR monatlich gedeckelten Unterkunftskosten gehören, sondern zusätzlich abzugsfähig sind (Vorinstanz: Niedersächsisches FG, Urteil v. 16.3.2023, 10 K 202/22, Revision eingelegt, Az. beim BFH VI R 4/23).
Bei einer Wohnung im Eigentum des Arbeitnehmers sind dem Grunde nach die Gebäude-AfA, Schuldzinsen, Reparaturen, Nebenkosten (Grundsteuer, Gebäudeversicherung) und Betriebskosten (Strom, Gas, Heizung, Schornsteinfeger, Müllabfuhr, Reinigung) entsprechend bis zur Obergrenze abzugsfähig. Maklergebühren gehören zu den Umzugskosten (→ Tz 709).
Soweit der Höchstbetrag in einem Kalendermonat nicht voll ausgeschöpft wird, kann er auf andere Monate übertragen werden, sodass bei ganzjähriger doppelter Haushaltsführung Kosten bis zu 12.000 EUR abzugsfähig sind.