Dipl.-Finanzwirt (FH) Dieter Haderer
Rz. 889
[Schuldzinsen und andere Finanzierungskosten → Zeilen 37–38]
Schuldzinsen und andere Geldbeschaffungskosten sind als WK bei den Einkünften aus V+V abziehbar, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Grund und Boden oder dem Gebäude stehen und der Erzielung von Einnahmen dienen.
Sie können bereits WK sein, bevor die V+V begonnen hat (vorweggenommene Werbungskosten). Voraussetzung solcher vorab entstandener WK ist, dass sich anhand objektiver Umstände feststellen lässt, dass der Steuerpflichtige den Entschluss, Einnahmen aus V+V zu erzielen, endgültig gefasst hat.
Finanzierungskosten für ein unbebautes Grundstück sind bereits als vorab entstandene WK abziehbar, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der späteren Bebauung und Vermietung des Gebäudes besteht. Notargebühren zur Bestellung einer Grundschuld oder Hypothek oder deren Eintragung ins Grundbuch sind grds. WK. Schuldzinsen für ein durch eine Hypothek auf einem anderen Grundstück gesicherten Darlehen sind bei dem Grundstück zu berücksichtigen, für das das Darlehen verwendet wurde (BFH, Urteil v. 6.10.2004, IX R 68/01, BFH/NV 2005 S. 131).
Schuldzinsen, die in der Person des bisherigen Eigentümers vor Übergang des wirtschaftlichen Eigentums entstanden sind (rückständige Zinsen) und aufgrund des Kaufvertrags vom Erwerber bezahlt werden, sind keine sofort abziehbaren Finanzierungskosten, sondern AK des erworbenen Grundstücks.
Rz. 890
Ein Disagio oder Damnum ist i. H. des gezahlten Betrags als WK abziehbar, soweit es unter Berücksichtigung der jeweiligen Zinsbelastung die marktüblichen Beträge nicht überschreitet (§ 11 Abs. 2 Satz 4 EStG; BMF, Schreiben v. 20.10.2003, IV C 3 – S 2253 a – 48/03, BStBl 2003 I S. 546; H 11 "Damnum" EStH 2021). Damnum- oder Disagio-Vereinbarungen mit Geschäftsbanken sind regelmäßig als marktüblich anzusehen (BFH, Urteil v. 8.3.2016, IX R 38/14, BFH/NV 2016 S. 1206). Aus Vereinfachungsgründen kann von der Marktüblichkeit ausgegangen werden, wenn für ein Darlehen mit einem Zinsfestschreibungszeitraum von mindestens fünf Jahren ein Damnum i. H. v. bis zu 5 % vereinbart worden ist. Ist ein Damnum nicht mehr als drei Monate vor Auszahlung der Darlehensvaluta oder einer ins Gewicht fallenden Teilauszahlung des Darlehens (mindestens 30 % der Darlehensvaluta einschließlich Damnum) geleistet worden, kann davon ausgegangen werden, dass es wirtschaftlich vernünftig begründet ist.
Rz. 891
Wird ein zur Finanzierung eines vermieteten Grundstücks aufgenommenes Darlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung getilgt, das Grundstück jedoch weiterhin zur Vermietung genutzt, ist die Vorfälligkeitsentschädigung als WK bei den Einkünften aus V+V abziehbar. Steht die Vorfälligkeitsentschädigung dagegen mit der Veräußerung des Grundstücks im Zusammenhang, kommt ein Abzug als WK bei den Einkünften aus V+V des bisherigen Objekts grds. nicht in Betracht (BFH, Urteil v. 11.2.2014, IX R 42/13, BFH/NV 2014 S. 1254).
Rz. 892
Schuldzinsen nach Beendigung der Vermietung oder Veräußerung
Soweit rückständige Zinsen, die auf die Zeit der Vermietung entfallen, erst nach Beendigung der Vermietungstätigkeit geleistet werden, können sie in entsprechender Anwendung des § 24 Nr. 2 EStG als nachträgliche WK aus V+V abgezogen werden.
Für die Frage, ob aus einem bestehenden Darlehen Zinsen, die nach der Veräußerung einer Immobilie entstehen, als nachträgliche Werbungskosten abziehbar sind, ist die Verwendung des Veräußerungserlöses entscheidend.
Wird mit dem Veräußerungserlös eine neue zur Vermietung bestimmte Immobilie angeschafft, besteht der wirtschaftliche Veranlassungszusammenhang zwischen dem ursprünglichen Darlehen und den Einkünften insoweit fort. Wird kein neues Objekt und keine andere Einkunftsquelle erworben, kommt es darauf an, ob der Verkaufserlös ausreicht, um das Darlehen abzulösen (Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung; BFH, Urteil v. 8.4.2014, IX R 45/13, BFH/NV 2014 S. 1151). Schuldzinsen können auch nach einer nicht steuerbaren Veräußerung der Immobilie grds. weiter als (nachträgliche) WK abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können (BFH, Urteil v. 16.9.2015, IX R 40/14, BFH/NV 2016 S. 294).
Rz. 893
Darlehen zwischen Ehegatten oder nahen Angehörigen
Voraussetzung für die steuerrechtliche Anerkennung von Darlehen zwischen Ehegatten oder nahen Angehörigen ist, dass der Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam geschlossen worden ist und tatsächlich wie vereinbart durchgeführt wird; dabei müssen Vertragsinhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (Fremdvergleich; → Tz 816), insbesondere muss eine Vereinbarung über die Laufzeit und über Art und Zeitpunkt der Rückzahlung getroffen werden. Außerdem müssen die Darlehenszinsen regelmäßig zu den Fälligkeitsterminen gezahlt und eine Absicherung des Darlehensbetrags vorgenommen werden. Vertiefend zu Darlehensverträgen zwischen Angehörigen: BMF, Schreiben v. 23.12.2010, IV C 6 – S 2144/07/10004, BStBl 201...