Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Überblick
Nachdem zum 31.7.2014 gesetzlich die Mindestbemessungsgrundlage auf marktübliches Entgelt gedeckelt worden war, passt die Finanzverwaltung den UStAE an diese Rechtslage an. Darüber hinaus wird die Rechtsprechung des BFH mit aufgenommen, dass die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage dann nicht infrage kommt, wenn der Leistungsempfänger vollständig zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und sich später bei ihm auch keine Vorsteuerberichtigung für diese Aufwendungen ergeben kann.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Das Umsatzsteuerrecht kennt grundsätzlich nur 2 Typen von Leistungen: Entgeltliche und unentgeltliche Leistungen. Damit es bei Leistungen gegenüber nahestehenden Personen oder gegenüber dem Personal nicht zur Umgehung der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe durch ein vereinbartes niedriges Entgelt kommen kann, ist in solchen Fällen die sog. Mindestbemessungsgrundlage anzuwenden. Mindestens ist bei einer Leistung gegenüber nahestehenden Personen oder gegenüber dem Personal das der Besteuerung zu unterwerfen, was bei einer unentgeltlichen Wertabgabe der Besteuerung zu unterwerfen wäre.
Nahestehende Person ist jede Person, zu der der Unternehmer eine wirtschaftliche, rechtliche oder persönliche Beziehung hat. Der Begriff der nahestehenden Person geht weit über den Begriff der Angehörigen hinaus. Insbesondere stehen sich auch Gesellschafter und Gesellschaft als nahestehende Personen gegenüber, wenn es zu entgeltlichen Leistungsaustauschprozessen kommt.
Die Finanzverwaltung wollte früher die Mindestbemessungsgrundlage immer anwenden, wenn eine entgeltliche Leistung an eine nahestehende Person ausgeführt wird – unabhängig davon, ob es sich bei dem tatsächlichen Entgelt um ein marktübliches Entgelt handelt. Der EuGH hatte dann aber entschieden, dass die Mindestbemessungsgrundlage dann nicht zur Anwendung kommt, wenn die nahestehende Person ein marktübliches Entgelt aufwendet.
Die Finanzverwaltung blieb aber auch nach dem Urteil des EuGH dabei, dass es zur Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage kommt, wenn die sich nach § 10 Abs. 4 UStG ergebende Bemessungsgrundlage höher ist als das marktübliche Entgelt. Dies war insbesondere der Fall bei durch Option steuerpflichtiger Vermietung, da sich durch die Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Objekts auf den 10-jährigen Berichtigungszeitraum in den ersten Jahren regelmäßig Bemessungsgrundlagen oberhalb eines marktüblichen Entgelts ergeben.
Zum 31.7.2014 ist dann mit dem Kroatienanpassungsgesetz gesetzlich die Deckelung der Mindestbemessungsgrundlage auf das marktübliche Entgelt umgesetzt worden.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Die Finanzverwaltung setzt sowohl die zum 31.7.2014 erfolgte Gesetzesänderung wie auch die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des BFH um. Grundsätzlich wird festgestellt, dass die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage die Gefahr einer Steuerhinterziehung oder -umgehung voraussetzt. Gleiches gilt, wenn der Unternehmer seine Leistung i. H. des marktüblichen Entgelts versteuert.
Marktübliches Entgelt ist der gesamte Betrag, den ein Leistungsempfänger an einen Unternehmer unter Berücksichtigung der Handelsstufe zahlen müsste, um die betreffende Leistung zu diesem Zeitpunkt unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zu erhalten. Sonderkonditionen für besondere Gruppen von Kunden oder Sonderkonditionen für Mitarbeiter haben keine Auswirkung auf das marktübliche Entgelt. Ebenso wird das marktübliche Entgelt nicht durch im Einzelfall gewährte Zuschüsse gemindert.
Der Unternehmer muss gegenüber dem Finanzamt die Höhe des marktüblichen Entgelts nachweisen, wenn er eine Begrenzung der Mindestbemessungsgrundlage vornehmen möchte.
Die Finanzverwaltung setzt weiterhin die Rechtsprechung des BFH um, dass die Mindestbemessungsgrundlage dann nicht zur Anwendung kommen kann, wenn der Leistungsempfänger vollständig zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und der in Anspruch genommene Vorsteuerabzug auch keiner Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG unterliegen kann. Dies ist dann der Fall, wenn die bezogene Leistung der Art nach keinen Berichtigungstatbestand nach § 15a UStG erfüllen kann.
Abnehmer, die ihre Vorsteuern nach Durchschnittssätzen ermitteln, sind nach Auffassung der Finanzverwaltung keine zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer.
Konsequenzen für die Praxis
Mit erheblicher zeitlicher Verzögerung setzt die Finanzverwaltung jetzt die Gesetzesänderung zur Mindestbemessungsgrundlage auch im UStAE um. Grundsätzlich kann es zur Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage nur kommen, wenn die Gefahr der Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung besteht. Neben der Umsetzung der Deckelung der Mindestbemessungsgrundlage auf das marktübliche Entgelt ist insbesondere wichtig, dass sie auch die Rechtsprechung übernimmt, nach der die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage dann nicht in Betracht kommen kann, wen...