Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Die Auskunft nach § 15 Abs. 4 5. VermBG ist ein Verwaltungsakt i.S.v. § 118 Satz 1 AO.
2. Diese Auskunft trifft eine Regelung dahin, wie die Finanzbehörde den vom Antragsteller dargestellten Sachverhalt gegenwärtig beurteilt.
3. Entsprechend diesem Regelungsgehalt überprüft das FG die Auskunft sachlich nur daraufhin, ob der Sachverhalt zutreffend erfasst und die rechtliche Beurteilung nicht evident fehlerhaft ist.
Normenkette
§§ 89 Abs. 2, 118 Satz 1, 204 AO, § 42e EStG, § 40 Abs. 1 FGO, §§ 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5, Abs. 2 bis 4, 13 Abs. 1 und 2, 14 Abs. 1, 15 Abs. 1, 3 und 4 5. VermBG
Sachverhalt
Immobilienfond K mit 36 Immobilieneinheiten und 5.700 Anlegern warb damit, dass die Leistungen vom Arbeitgeber der Anleger nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a 5. VermBG vermögenswirksame Leistungen darstellten. K beantragte daher am 6.5.2010 beim FA die Erteilung einer Auskunft nach § 15 Abs. 4 5. VermBG, dass die Einzahlungen solche vermögenswirksame Leistungen seien. Das FA erteilte dagegen am 18.6.2010 die Auskunft, dass gem. BMF-Schreiben vom 4.2.2010 (BStBl I 2010, 195) die von den Anlegern gezahlten Aufwendungen keine solche begünstigten vermögenswirksame Leistungen seien; es handele sich mehr um eine Kapitalanlage als um die Bildung von Wohneigentum. Die dagegen erhobene Klage war erfolglos (FG München, Urteil vom 24.10.2013, 11 K 436/12, Haufe-Index 6426706, EFG 2014, 401).
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Vorinstanz mit allerdings abweichender Begründung.
Hinweis
Für die Auskunft nach § 15 Abs. 4 5. VermBG gelten dieselben Grundsätze und Rechtsmaßstäbe wie für die Lohnsteueranrufungsauskunft, zu der gerade erst grundlegend entschieden wurde; darauf sei hier zunächst verwiesen (BFH, Urteil vom 27.2.2014, VI R 23/13, BFH/NV 2014, 1141, BFH/PR 2014, 257). Danach gibt es insbesondere keinen Anspruch auf einen bestimmten rechtmäßigen Inhalt.
1. Die Anrufungsauskunft nach § 15 Abs. 4 5. VermBG ist keine bloße Wissenserklärung, sondern Verwaltungsakt; sie bindet das FA in gleicher Weise wie eine Lohnsteueranrufungsauskunft nach § 42e EStG. Es besteht danach ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erteilung der Auskunft. Sie bezweckt, nicht anders wie die Lohnsteueranrufungsauskunft, präventiv Konflikte zwischen dem FA und dem Antragsteller zu vermeiden und Fragen zu klären. Deshalb kann Verpflichtungsklage auf Erteilung der Auskunft über die Anwendung der Vorschriften zu vermögenswirksamen Leistungen erhoben werden. Das FG entscheidet dann zwar auch über den Inhalt der Auskunft, allerdings beschränkt sich die inhaltliche Überprüfung auch hier – wie bei der Lohnsteueranrufungsauskunft – nur darauf, ob die gegenwärtige rechtliche Einordnung des zutreffend erfassten und zur Prüfung gestellten Sachverhalts in sich schlüssig und nicht evident rechtsfehlerhaft ist.
Ähnlich, wie das Ergebnis der Lohnsteueranrufungsauskunft nicht in das Veranlagungsverfahren des Steuerpflichtigen hineinwirkt, wirkt auch die Anrufungsauskunft nach § 15 Abs. 4 5. VermBG nicht in das Festsetzungsverfahren der Arbeitnehmer-Sparzulage hinein. Deshalb beschränkt sich auch hier die gerichtliche Kontrolle darauf, ob das FA den Anforderungen an ein faires Verfahren genügte, den Sachverhalt zutreffend erfasste und keine Auskunft erteilte, die offensichtlich nicht mit dem Gesetz oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung – soweit von der Finanzverwaltung angewandt – in Einklang steht. Der BFH hält auch dieses Auskunftsverfahren nicht für geeignet, ungeklärte Rechtsfragen abschließend zu klären. Dies folgt aus der Funktion der Anrufungsauskunft, nämlich das Haftungsrisiko des Antragstellers zu vermeiden. Will der Antragsteller allerdings gegenteilige Rechtsauffassungen durchsetzen, muss er dies im Verfahren gegen den Haftungsbescheid. Auch hier gelten die Grundsätze der Lohnsteueranrufungsauskunft. Auch hier soll die Behörde nicht verpflichtet werden, eine Auskunft zu erteilen, die nicht ihrer Rechtsauffassung entspricht.
2. Nachdem die Auskunft des FA den Rechtsgrundsätzen des BMF-Schreibens in BStBl I 2010, 195 entsprochen hatte, konnte K auch nicht mittels Verpflichtungsklage eine für ihn günstigere Auskunft erlangen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 5.6.2014 – VI R 90/13