Leitsatz
Beim Erwerb einer Eigentumswohnung im Wege der Zwangsversteigerung ist das Meistgebot als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 1 GrEStG, §§ 954 ff. BGB, § 1 Abs. 2, § 10 Abs. 6 Satz 1, 2, § 10 Abs. 7 Satz 1, 2, § 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 4 WEG, § 865 ZPO, § 20 Abs. 2, § 44 Abs. 1, § 74a, § 81 Abs. 1, § 85a, § 90 Abs. 1, § 114a ZVG
Sachverhalt
Die Klin. erwarb bei Zwangsversteigerungen durch Zuschlagsbeschlüsse Eigentumswohnungen. Das FA setzte unter Berücksichtigung der Meistgebote der Klin. GrESt fest. Die Wohnungseigentümergemeinschaften hatten Instandhaltungsrückstellungen gebildet. Die Klin. meinte, die auf sie entfallenden Beträge gehörten nicht zur Gegenleistung und damit nicht zur Bemessungsgrundlage der GrESt, da sie beim Verkauf nicht ausgezahlt würden. Die anteiligen Rückstellungsbeträge seien aber in den Meistgeboten enthalten gewesen, da keine zusätzlichen Zahlungen geleistet worden seien. Dem Begehren, diese Geldguthaben deshalb anteilig aus der Bemessungsgrundlage herauszurechnen, kamen weder das FA noch das angerufene FG (Sächsisches FG, Urteil vom 2.4.2014, 2 K 1663/13, Haufe-Index 7056199, EFG 2014, 1701) nach.
Entscheidung
Der BFH hat dieses Ergebnis bestätigt. Das Meistgebot als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG beim Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung ist nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern. Denn die Anteile an der Instandhaltungsrückstellung sind nicht Gegenstand der Zwangsversteigerung und werden daher nicht vom Meistgebot erfasst. Der II. Senat führt im Wesentlichen nachfolgende Kriterien an, die eine Einbeziehung der Instandhaltungsrückstellung in das Meistgebot hindern:
1. Keine Gesamtgegenleistung
Die Annahme und Aufteilung einer Gesamtgegenleistung ist u.a. nur geboten, wenn die Zwangsversteigerung Gegenstände umfasst, für die eine gesonderte Versteigerung nach § 65 ZVG angeordnet werden könnte, was bei der Instandhaltungsrückstellung nicht der Fall ist.
2. Keine Zugehörigkeit zum Haftungsverband
Die Immobiliarzwangsvollstreckung umfasst auch Gegenstände, auf die sich bei Grundstücken die Hypothek erstreckt. Dies sind vom Grundstück getrennte Erzeugnisse und sonstigen Bestandteile, nicht aber die streitige Rückstellung.
3. Kein Vermögen des Wohnungseigentümers
Die Instandhaltungsrückstellung ist Teil des Verwaltungsvermögens der Wohnungseigentümergemeinschaft und damit nicht Vermögen des von der Zwangsversteigerung betroffenen Wohnungseigentümers, sondern Vermögen eines anderen Rechtssubjekts: Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist nach der o.g. Rechtsprechung des BGH ein vom jeweiligen Mitgliederbestand unabhängiger teilrechtsfähiger und parteifähiger Verband sui generis.
4. Kein Erwerb über Mitgliedschaft in der Wohnungseigentümergemeinschaft
Bei der Versteigerung wird der Ersteher mit dem Zuschlag Eigentümer der Wohnung und aufgrund Gesetzes zugleich Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Mitgliedschaft kann für sich allein jedoch wiederum nicht Gegenstand einer gesonderten Zwangsversteigerung sein.
Hinweis
"Gehört" die Instandhaltungsrückstellung nicht zum Grundstück? Das ist die Frage: Werden zusammen mit einem Grundstück mit diesem verbundene Rechte erworben, ist der hierauf entfallende Aufwand des Grundstückserwerbers nicht zwingend und in jedem Fall als grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung anzusehen. Umgekehrt ergibt sich daraus aber noch nicht, dass der Aufwand für solche Rechte generell nicht zur Gegenleistung zu rechnen ist. Entscheidend und in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob solche mit dem Eigentum verbundene Rechte geldwerte Vermögenspositionen vermitteln, die nicht unter den Grundstücksbegriff des GrEStG fallen (so schon BFH, Urteil vom 9.10.1991, II R 20/89, BFH/NV 1992, 335, BFHE 165, 548, BStBl II 1992, 152). Ganz grundsätzlich stellt sich im konkreten Fall die Frage, ob eine Zahlung für die Instandhaltungsrückstellung erfolgt ist.
Eine Prüfung hat der II. Senat für den Erwerb einer Eigentumswohnung im Wege der Zwangsversteigerung vorgenommen und erkannt, dass die Bemessungsgrundlage nicht um die Instandhaltungsrückstellung – die steuertechnisch im Übrigen eher eine Rücklage ist – zu kürzen ist. Damit gehört die Instandhaltungsrückstellung insofern nicht zum Grundstück, als für sie im Meistgebot kein Zahlungsanteil enthalten ist, der herausgerechnet werden könnte. Der Senat begründet dieses Ergebnis mit zahlreichen dogmatischen Erwägungen.
Interessierte Steuerpflichtige dürfen allerdings gespannt sein, ob diese Erwägungen auch Auswirkungen für den schlichten rechtsgeschäftlichen Erwerb einer Eigentumswohnung nebst Instandhaltungsrückstellung haben. Zum rechtsgeschäftlichen Erwerb hat der BFH in der bereits oben zitierten Entscheidung vom 9.10.1991, II R 20/89 noch befunden, dass eine mögliche Zahlung für den Erwerb der Instandhaltungsrückstellung kein E...