OFD Kiel, Verfügung v. 9.2.1998, S 2138 A - St 113
Nach dem BMF-Schreiben vom 12.12.1996 ist bei einer Neugründung für die Beurteilung der Größenmerkmale auf die Verhältnisse zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Betriebseröffnung abzustellen. Unter der Nr. 1 wird hierzu weiter ausgeführt:
„Ein Betrieb ist erst eröffnet, wenn die wesentlichen Grundlagen des Betriebs vorhanden sind (vgl. BFH-Urteil vom 10.7.1991, VIII R 126/86, BStBl 1991 II S. 840).”
Es war darauf hingewiesen worden, daß weiterer Regelungsbedarf hinsichtlich des „Vorhandenseins der wesentlichen Betriebsgrundlagen”, also des maßgeblichen Zeitpunkts der Betriebseröffnung, besteht, und zwar insbesondere in den Fällen, in denen der Betrieb nur eine wesentliche Betriebsgrundlage umfaßt – wie z.B. bei dem Betrieb einer Windkraftanlage.
Hierzu wird vorbehaltlich einer anderslautenden Weisung der vorgesetzten Dienststellen nachstehende Auffassung vertreten:
a) Nach der Gesetzesbegründung zur sog. Ansparabschreibung (BT-Drucks. 12/4487 S. 33) ist diese nicht personen-, sondern betriebs- und investitionsbezogen ausgestaltet. Dem Unternehmen soll die Finanzierung der Investition erleichtert werden.
Hiernach kann bei einer Neugründung die steuerliche Vergünstigung erst dann greifen, wenn die Vorbereitungsmaßnahmen soweit gediehen sind, daß sich das Vorhandensein eines Unternehmens abzeichnet. Eine Rücklagenbildung für das Wirtschaftsjahr vor Betriebseröffnung scheidet damit aus.
- b) Nach dem o.g. BFH-Urteil vom 10.7.1991 (BStBl 1991 II S. 840) ist eine „Betriebseröffnung” i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 6 i.V. mit Nr. 5 EStG „ein Vorgang, der erst abgeschlossen ist, wenn die wesentlichen Grundlagen des Betriebs vorhanden sind, wenn man vom Vorhandensein eines Betriebs sprechen kann.” Diese Ausführungen ergänzt der BFH in seinem Urteil vom 20.4.1995, IV R 101/94 (BStBl 1995 II S. 710 [712]). dahingehend, daß mit dem Vorhandensein der wesentlichen Betriebsgrundlagen zwangsläufig nicht schon sämtliche Vorbereitungshandlungen abgeschlossen sein müssen, und sich die werbende Tätigkeit nicht unmittelbar anschließen muß.
Wirtschaftlich und dem Gesetzeszweck entsprechend ist es vertretbar, von dieser Auffassung bei der Bestimmung des Zeitpunkts für die frühestmögliche Inanspruchnahme der sog. Ansparabschreibung auszugehen, denn der Begriff der „Betriebseröffnung” muß, so die BFH-Urteile vom 14.12.1994 (BStBl 1995 II S. 320) und vom 20.4.1995, IV R 101/94 (BStBl 1995 II S. 710), nach dem Zweck der Vorschrift, in der er verwendet wird, ausgelegt werden.
Da das Vorhandensein der wesentlichen Betriebsgrundlagen also nicht gleichzeitig den Beginn der aktiven Beteiligung am Wirtschaftsleben erfordert, kann das Vorhandensein der wesentlichen Betriebsgrundlagen gleichgesetzt werden mit dem Fall, daß die entsprechende(n) Investitionsentscheidung(en) wirtschaftlich bindend getroffen ist/sind.
D.h. für den hier beispielhaft angeführten Betrieb einer Windkraftanlage reicht der Kauf bzw. die Anpachtung der entsprechenden Grundstücksfläche noch nicht aus; die wirtschaftlich bindende Investitionsentscheidung, also die Betriebseröffnung i.S. des § 7 g Abs. 3 bis 6 EStG, ist erst mit der verbindlichen Bestellung der Windkraftanlage getroffen.
Normenkette
EStG § 7 g Abs. 3 bis 6