Leitsatz
1. Eine Ansparrücklage kann außerhalb des Anwendungsbereichs des § 7g Abs. 7 EStG n.F. vor Vollendung der Betriebseröffnung bei herzustellenden Wirtschaftsgütern nur gebildet werden, wenn für die Herstellung des Wirtschaftsguts eine Genehmigung verbindlich beantragt oder – falls eine Genehmigung nicht erforderlich ist – mit der Herstellung begonnen worden ist.
2. Die Aufteilung des Gewinns des Normalwirtschaftsjahrs bei Land- und Forstwirten auf die Kalenderjahre, in denen das Wirtschaftsjahr beginnt und endet, kann es nicht rechtfertigen, eine Ansparrücklage zur Hälfte bereits im ersten Kalenderjahr zu berücksichtigen, wenn die Betriebseröffnung in die erste Hälfte des zweiten Kalenderjahrs fällt.
Normenkette
§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, § 7g Abs. 3 EStG, § 48 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 FGO
Sachverhalt
Zwei Landwirte hatten im Februar 1996 mit Wirkung zum 1.7.1996 eine GbR zur gemeinsamen Errichtung und Bewirtschaftung eines Milchviehstalls gegründet. Die anschließend von ihnen jeweils beantragten Investitionsförderungen wurden im Mai 1996 genehmigt. Die danach beauftragten Architekten übersandten den Klägern am 27.6.1996 einen Bauantrag, den diese unterzeichnet am 8.7.1996 beim Bauamt einreichten.
Die GbR stellte auf den 30.6.1996 eine Bilanz auf, die nur eine Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG i.H.v. ca. 81.000 DM für Aufstallungs- und Melkanlagen auswies. Mit der Gewinnfeststellungserklärung 1995 machte die GbR die Hälfte des durch die Rücklagenbildung entstandenen Verlusts geltend.
Das FA erkannte den Verlust 1995 nicht an, weil die Baugenehmigung bis zum 1.7.1996 noch nicht vorgelegen habe.
Entscheidung
FG (EFG 2005, 1416) und BFH bestätigten die Rechtsauffassung des FA. Vor Vollendung der Betriebseröffnung setze die Bildung einer Rücklage für herzustellende WG eine verbindlich beantragte Genehmigung oder den tatsächlichen Beginn mit einer genehmigungsfreien Herstellung voraus. Außerdem könne bei einer Betriebseröffnung im zweiten Teil des landwirtschaftlichen Wirtschaftsjahrs und damit zusammenhängender Rücklagenbildung kein anteiliger Verlust im VZ des ersten Halbjahrs abgezogen werden.
Hinweis
1. Verfahrensrechtlich enthält die Entscheidung Ausführungen zur Klagebefugnis einer GbR gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid. Die geltenden Grundsätze werden zusammengefasst dargestellt. Danach ist eine GbR befugt, als Prozessstandschafterin der Gesellschafter Klage zu erheben. Sie wird dabei von ihren vertretungsbefugten Gesellschaftern vertreten. Die Gesellschafter selbst können grundsätzlich nur dann Klage erheben, wenn und soweit sie nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO persönlich von dem Rechtsstreit betroffen sind.
2. Materiellrechtlich betrifft die Entscheidung zwei Fragenkreise: Bildung einer Ansparrücklage vor Vollendung der Betriebsgründung (hierzu nachfolgend unter a) und zeitliche Zuordnung einer Ansparabschreibung bei land- und forstwirtschaftlichen Einkünften (nachstehend unter b).
a) Bereits mit Urteil vom 25.4.2002, IV R 30/00 (BFH-PR 2002, 331) hatte der BFH entschieden, dass vor Vollendung einer Betriebsgründung eine Ansparrücklage gebildet werden kann. Ein Betrieb existiert erst, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen vorhanden sind. Die Beschaffung dieser Betriebsgrundlagen wird aber begünstigt, wenn die Investitionsentscheidung hinreichend konkretisiert ist. Bei anzuschaffenden Wirtschaftsgütern verlangt der BFH eine verbindliche Bestellung.
Die Finanzverwaltung hat diese Rechtsprechung übernommen und für herzustellende Wirtschaftsgüter dahin ergänzt, dass eine Genehmigung verbindlich beantragt bzw. mit einer genehmigungsfreien Herstellung begonnen worden sein muss (BMF, Schreiben vom 25.2.2004, BStBl I 2004, 337 Rd.Nr. 18). Diese Handhabung bestätigt der BFH mit dem Besprechungsurteil ausdrücklich.
b) Bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben wird der Gewinn des üblicherweise vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahrs nach Zeitanteilen auf die beiden berührten VZ aufgeteilt (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG). Das gilt auch, wenn das Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung ein Rumpf-Wirtschaftsjahr ist. Daraus folgt, dass bei einer Betriebseröffnung im zweiten VZ dem ersten VZ überhaupt kein Gewinnanteil zuzuordnen ist.
Im Besprechungsfall kam der BFH zu dem Ergebnis, dass die Betriebseröffnung frühestens im Jahr 1996 stattgefunden hatte, sodass die Klage betreffend 1995 schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben konnte.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.4.2007, IV R 28/05