Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
Der Sonderbetriebsausgabenabzug nach § 7g Abs. 6 EStG 2002 ist für das Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers auch dann zuzulassen, wenn sich die beabsichtigte Investition erst künftig im Betriebsvermögen eines nach der Realteilung einer GbR fortgeführten Einzelunternehmens niederschlagen kann, sofern der Einzelunternehmer – hier ein Rechtsanwalt – seine bisher im Rahmen der Mitunternehmerschaft erbrachte unternehmerische Tätigkeit unter Einsatz seines früheren Sonderbetriebsvermögens unverändert fortführt.
Normenkette
§ 7g, § 4 Abs. 3, § 16 Abs. 3 S. 2 EStG 2002
Sachverhalt
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, war zusammen mit einem anderen Rechtsanwalt in einer Sozietät (GbR) tätig, die 2004 real geteilt wurde. Zu dem betreffenden Stichtag ging der Mandantenstamm zu gleichen Teilen auf die beiden Gesellschafter über. Die außerdem übernommenen Wirtschaftsgüter (Mobiliar und Fachliteratur) führten der Kläger und sein ehemaliger Mitgesellschafter zum Buchwert fort. Der Kläger übte seine Rechtsanwaltstätigkeit in der Folgezeit als Einzelunternehmer aus.
Die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr (2003) gab die GbR erst 2005 ab. Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG machte der Kläger vergeblich eine Ansparabschreibung von 20 000 EUR für die beabsichtigte Anschaffung eines Pkw als Sonderbetriebsausgabe geltend.
Entscheidung
Nachdem die Klage vor dem FG erfolglos geblieben war (FG Düsseldorf, Urteil vom 07.08.2007, 10 K 2800/06 E, F, Haufe-Index 2103375), gab der BFH der Revision des Klägers statt. Hinsichtlich der Gründe kann auf die Praxis-Hinweise verwiesen werden.
Hinweis
1. Die Ansparabschreibung gem. § 7g EStG 2002 ist grundsätzlich betriebsbezogen. Daraus folgt, dass sie grundsätzlich nicht mehr in Betracht kommt, wenn der Betrieb bereits veräußert oder aufgegeben worden ist. Sie ist auch dann nicht mehr zulässig, wenn der Steuerpflichtige bei Abgabe der Steuererklärung für das Kalenderjahr, für das eine Ansparabschreibung geltend gemacht wird, einen entsprechenden Entschluss gefasst hatte. Die Rücklage nach § 7g EStG kann nicht auf den Erwerber des Betriebs und auch nicht auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen übertragen werden.
2. Der Förderungszweck des § 7g EStG erfordert es jedoch, auch solche Ausnahmefälle in den Anwendungsbereich der Vorschrift einzubeziehen, in denen zwar eine Betriebsveräußerung oder -aufgabe vorliegt, in denen aber der Steuerpflichtige dennoch seine betriebliche Tätigkeit als solche fortführt.
a) Über einen derartigen Ausnahmefall hatte bereits der XI. Senat des BFH im Urteil vom 01.08.2007, XI R 47/06 (BFH/NV 2007, 2408, BFH/PR 2008, 12) zu entscheiden gehabt. In jenem Fall hatte ein Steuerberater seinen Mandantenstamm veräußert, aber einige Mandate zur weiteren persönlichen Betreuung zurückbehalten. Für diesen "Restbetrieb" war die Bildung der Rücklage gem. § 7g EStG zulässig.
b) Im Fall des VIII. Senats, von dem hier zu berichten ist, ging es um einen Rechtsanwalt, der zunächst mit einem anderen Rechtsanwalt in einer GbR tätig gewesen war und nach der Realteilung der GbR einen Teil der Wirtschaftsgüter (Büromöbel und Fachliteratur) zum Buchwert sowie die Hälfte der Mandanten übernahm und seine Rechtsanwaltstätigkeit in Form eines Einzelbetriebs weiterführte. Auch in diesem Fall war die Anwendung des § 7g EStG zulässig. Der Kläger konnte noch im Rahmen der Gewinnfeststellung der GbR für sein Sonderbetriebsvermögen den Sonderbetriebsausgabenabzug gem. § 7g Abs. 6 EStG für die beabsichtigte Anschaffung eines Pkw beanspruchen.
aa) Dieser Beurteilung stand nicht entgegen, dass die GbR ihre Steuererklärung für das Streitjahr mit dem darin geltend gemachten Sonderbetriebausgabenabzug nach § 7g Abs. 6 EStG erst beim FA eingereicht hatte, nachdem sie bereits durch Realteilung beendet war.
Zwar ist die Realteilung eine Betriebsaufgabe (und könnte daher auf den ersten Blick die Anwendung des § 7g EStG ausschließen).
Jedoch ordnet das Gesetz in § 16 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 18 Abs. 3 S. 2 EStG für den Sonderfall der Realteilung gerade nicht die Aufdeckung der stillen Reserven an, welche die generelle Rechtsfolge einer Betriebsaufgabe bildet. Vielmehr zwingt die Vorschrift trotz Betriebsaufgabe zur Fortführung der Buchwerte, weil das unternehmerische Engagement fortgeführt wird.
Diese durch den Gesetzgeber vor dem Hintergrund des Förderungszwecks des § 7g EStG fortentwickelte Rechtslage erfordert es, für das Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers eine Ansparrücklage oder – bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG – den Sonderbetriebsausgabenabzug nach § 7g Abs. 6 EStG zuzulassen. Und zwar auch dann, wenn die beabsichtigte Investition sich erst künftig im Betriebsvermögen eines nach einer Realteilung fortgeführten Einzelunternehmens niederschlagen kann, weil der Einzelunternehmer – wie hier der Kläger als Rechtsanwalt – seine bisher im Rahmen der Mitunternehmerschaft erbrachte unternehmerische Tätigkeit u...