Dr. Birger Brandt, Prof. Jürgen Brandt
Leitsatz
1. Eine begünstigungsschädliche Rückzahlung i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 3 BerlinFG setzt voraus, dass die Darlehensvaluta in das Vermögen des Darlehensgebers zurückgelangt sind (Anschluss an BFH-Urteil vom 4.3.1993, X R 30/91, BStBl II 1993, 404).
2. Finanziert ein Wohnungsbauunternehmen ein Bauvorhaben in Berlin mittels Eigenkapitals und durch Inanspruchnahme eines steuerbegünstigten Berlin-Darlehens, ist es nicht durch § 42 AO 1977 gehindert, seinerseits mit steuerlicher Wirkung einem anderen Bauherrn ein – fremdfinanziertes – Berlin-Darlehen zur Förderung des Berliner Wohnungsbaus zu vergeben. Dies gilt auch dann, wenn das Wohnungsunternehmen und der andere Bauherr (Darlehensgeber und Darlehensnehmer) derselben Unternehmensgruppe angehören und Darlehensaufnahme und Darlehensvergabe durch einen gemeinsamen Gesellschafter (Komplementär) organisiert werden.
Normenkette
§ 42 AO , § 17 Abs. 2 BerlinFG , § 17 Abs. 3 BerlinFG
Sachverhalt
Gegenstand der klagenden A-KG ist der Erwerb, die Bebauung, die anschließende Vermietung und Verwaltung des Grundstücks A-Straße in Berlin sowie die Vergabe von Darlehen zur Finanzierung von Bauvorhaben in Berlin. Alleiniger Komplementär ist der am Vermögen sowie am Gewinn und Verlust der KG nicht beteiligte Z, zu dessen Unternehmensgruppe die A-KG gehört.
Im Streitjahr erzielte die KG Verluste aus Vermietung und Verpachtung im Zusammenhang mit der Errichtung des Objekts "A-Straße" sowie Einkünfte aus der Vergabe eines Berlin-Darlehens, das sie der ebenfalls zur Unternehmensgruppe Z gehörenden B-KG für die Errichtung eines Gebäudes in Berlin gewährt hatte. Für ihr eigenes Objekt "A-Straße" hatte die KG selbst je ein Darlehen von der C-KG (1,4 Mio. DM) und der D-KG (900 000 DM) erhalten; diese Gesellschaften gehören auch zur Unternehmensgruppe Z. Z ist ebenfalls alleiniger Komplementär der B-KG, C-KG und der D-KG.
Das Fondsvolumen der A-KG (5,85 Mio. DM) setzt sich zusammen aus den Einlagen der Kommanditisten in Höhe von 1,95 Mio. DM, einem Darlehen der B-Bank in Höhe von 1,6 Mio. DM und den Darlehen der C-KG und der D-KG. Die KG verwendete 3,45 Mio. DM für die Errichtung des Mietwohngebäudes A-Straße in Berlin sowie 2,4 Mio. DM für das Berlin-Darlehen an die B-KG. Bei der Vergabe dieses Darlehens, das in den Jahren 1983 und 1984 in zwei Teilbeträgen von je 1,2 Mio. DM ausgezahlt wurde, setzte die KG die Mittel aus dem Darlehen der B-Bank in Höhe von 1,6 Mio. DM sowie Eigenkapital in Höhe von 800 000 DM ein. Die B-Bank hat nicht ihrerseits die Steuervergünstigung des § 17 Abs. 2 BerlinFG in Anspruch genommen. Die durch die Wohnungsbau-Kreditanstalt Berlin ausgestellte vorläufige Bescheinigung gemäß § 17 Abs. 7 BerlinFG liegt vor.
Das FA stellte durch Bescheid vom 15.1.1988 gesondert und einheitlich fest, dass der ermittelte Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 15a EStG nicht in voller Höhe ausgleichsfähig sei. Zugleich versagte es die Steuerermäßigung gem. § 17 Abs. 2 BerlinFG. Das FG hat der dagegen erhobenen Klage stattgegeben.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH war die Steuervergünstigung des § 17 Abs. 2 BerlinFG ungeachtet dessen zu gewähren, dass die Klägerin für das der B-KG gewährte Darlehen Fremdmittel verwendet habe, die aus dem bei der B-Bank aufgenommenen Darlehen stammten. Denn die Refinanzierung von Darlehen gem. § 17 Abs. 2 BerlinFG sei zulässig (Umkehrschluss zu § 17 Abs. 3 Satz 2 BerlinFG). Eine begünstigungsschädliche Rückzahlung i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 3 BerlinFG fehle schon deshalb, weil die B-KG das ihr von der Klägerin gegebene Darlehen dem Gesetzeszweck entsprechend verwendet habe.
Eine Umgehung des § 17 Abs. 2 BerlinFG i.S.d. § 42 AO liege nicht vor. Eine Umgehung des BerlinFG sei anzunehmen, wenn bei wechselseitiger Gläubigerschaft zwischen beiden Darlehensgeschäften ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang der Art bestehe, dass das eine Rechtsgeschäft nicht ohne das andere vorgenommen worden wäre. Entsprechendes gelte, wenn die wechsel- und mehrseitigen Darlehensgeschäfte durch die Einbindung in einen von einem Initiator gesteuerten Gesamtplan den Charakter eines den gesetzlichen Begünstigungszweck verfehlenden Hin- und Rückzahlens der Darlehensvaluta erhalte. Eine solche Vertragsgestaltung liege im Streitfall nicht vor.
Dass die als Darlehensgeber und -nehmer beteiligten Gesellschaften derselben Unternehmensgruppe angehören und der Komplementär der KGs die Darlehensaufnahme und die Darlehensvergabe innerhalb der Unternehmensgruppe organisiert habe, sei förderungsunschädlich. Die Gesellschaften hätten sich lediglich eines Initiators bedient, um sowohl die Kapitalbeschaffung als auch die – steuerbegünstigte – Kapitalverwendung sicherzustellen. Hierin liege kein "Hin- und Herschieben" der Darlehensvaluta, das den gesetzlichen Begünstigungszweck verfehlen würde.
Hinweis
Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BerlinFG ermäßigt sich bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die verzinsliche Darlehen mit einer Laufzeit von mindestens 25 J...