Leitsatz
1. Substanzverluste von im Betriebsvermögen gehaltenen Gesellschafterdarlehen aufgrund von Wertminderungen, wie sie durch Teilwertabschreibungen abgebildet werden, unterliegen unabhängig von der Frage der Fremdüblichkeit der Darlehensüberlassung und einer etwaigen Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis mangels wirtschaftlichen Zusammenhangs mit nach § 3 Nr. 40 EStG hälftig steuerbefreiten Beteiligungserträgen nicht dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG (gegen BMF, Schreiben vom 8.11.2010, BStBl I 2010, 1292, Nr. 2).
2. Diese Grundsätze gelten entsprechend im Falle des Verzichts auf ein nicht mehr werthaltiges Gesellschafterdarlehen.
Normenkette
§ 3c Abs. 2, § 3 Nr. 40 EStG
Sachverhalt
In den Streitjahren bestand eine Betriebsaufspaltung zwischen dem Einzelunternehmen des Klägers als Besitzunternehmen und seiner GmbH als Betriebsgesellschaft.
Zur Abwicklung des internen Zahlungsverkehrs wurde die Führung eines Kontokorrentkontos vereinbart. Zunächst war eine Verzinsung von 0,5 % pro Monat vereinbart, für 2000 wurde die Verzinsung jedoch ausgesetzt und ab 2001 eine Verzinsung von 0,1 % vereinbart. Das Kontokorrentkonto wies zum 31.12.2003 eine Forderung des Klägers gegen die GmbH i.H.v. 480.000 EUR, zum 31.12.2004 i.H.v. 550.000 EUR aus. Jeweils im Januar des Folgejahres verzichtete der Kläger unter Besserungsvorbehalt in Höhe von 20.000 EUR auf seine Forderung und behandelte den Forderungsverzicht als Betriebsausgabe. Das FA erkannte den Aufwand jedoch unter Bezugnahme auf § 3c Abs. 2 EStG nur i.H.v. 10.000 EUR an.
Das FG gab der Klage statt, da das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG bei Teilwertabschreibungen auf eigenkapitalersetzende Darlehen nicht eingreife. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang – selbst ein mittelbarer – der Gewinnminderung mit steuerbefreiten Einkünften nach § 3 Nr. 40 EStG liege nicht vor (Niedersächsisches FG, Urteil vom 2.3.2010, 8 K 254/07, Haufe-Index 2330179, EFG 2010, 1111).
Entscheidung
Der BFH verwies die Sache an das FG zurück, da es nicht geprüft hatte, ob vor dem jeweiligen Verzicht im Januar des Folgejahres nicht bereits in der Bilanz des Vorjahres eine Teilwertabschreibung auf die Forderung hätte vorgenommen werden müssen.
Hinweis
1. Dieses Urteil ergänzt das vom selben Tag stammende Urteil in der Rechtssache X R 5/10. Während in jenem Urteil die Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2 EStG bei Substanzverlusten auf im Betriebsvermögen gehaltenen Darlehensforderungen aufgrund von Teilwertabschreibungen abgelehnt wurde, wendet der BFH aus denselben Gründen das hälftige (bzw. teilweise) Abzugsverbot auch bei einem Verzicht auf ein nicht mehr werthaltiges Darlehen nicht an. Insofern kann auf die dortigen Praxis-Hinweise verwiesen werden.
2. Dieses Urteil zeigt aber auch, wie wichtig der Zeitpunkt ist, zu dem ein Gesellschafter auf seine Forderung gegen seine Gesellschaft verzichtet.
3. Handelt es sich nämlich im Zeitpunkt des Forderungsverzichts um eine werthaltige Forderung, liegt nach der Rechtsprechung des Großen Senats eine verdeckte Einlage vor (grundlegend: Beschluss des Großen Senats des BFH vom 9.6.1997, GrS 1/94, Haufe-Index 66351, BFH/NV 1997, 391). Dem Gesellschafter entstehen nachträgliche Anschaffungskosten auf seine Beteiligung mit der Konsequenz, dass spätere Wertminderungen seiner Beteiligung nur noch teilweise steuerwirksam sind. § 3c Abs. 2 greift zweifelsfrei ein.
4. Liegt dagegen – wie im Streitfall – eine nicht werthaltige Forderung vor, führt der Forderungsverzicht zum Aufwand, der nicht den Einschränkungen des § 3c Abs. 2 EStG unterliegt.
5. Der Verzicht auf eine nur noch teilweise werthaltige Forderung führt in Bezug auf den werthaltigen Teil zur verdeckten Einlage, während der Verzicht auf den nicht werthaltigen Teil der Forderung einen abzugsfähigen Aufwand bewirkt.
Die Diskussionen mit der Finanzverwaltung über die Werthaltigkeit einer Forderung beim Gesellschafterverzicht sind damit vorprogrammiert!
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.4.2012 – X R 7/10