OFD Niedersachsen, Verfügung v. 30.7.2015, S 2256 - 174 - St 234/S 2253 b - 5 - St 233
Verrechnung von positiven und negativen Einkünften aus verschiedenen Einkunftsarten, BFH-Urteil vom 2.9.2014, IX R 52/13 (BStBl 2015 II S. 263)
Mit o.g. Urteil vom 2.9.2014 hat der BFH entschieden, dass nach § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 15a Abs. 4 EStG festgestellte verrechenbare Verluste aus Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eines Kommanditisten einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft (KG) nicht nur mit positiven Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern auch mit positiven Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG verrechnet werden können.
Nach § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG ist § 15a EStG sinngemäß anzuwenden.
1. Sinngemäße Anwendung des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG
Grundsätzlich hat der BFH geurteilt, dass in sinngemäßer Anwendung des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Werbungskostenüberschuss der KG aus Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weder mit anderen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden darf, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; er darf insoweit auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Bei der Ermittlung des Kapitalkontos sind positive Einkünfte aus anderen Einkunftsarten einzubeziehen, wenn die Gesellschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.
Zweck der sinngemäßen Anwendung nach § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG ist nach Ansicht des BFH, dass eine vermögensverwaltende KG soweit wie möglich einer gewerblich tätigen KG gleichgestellt wird. Dies gilt auch für die Berechnung des Kapitalkontos. Da die Überschüsse einer vermögensverwaltend tätigen KG allerdings nicht durch Vermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG), sondern als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt werden, kann bei sinngemäßer Anwendung des § 15a EStG nicht das Kapitalkonto der Steuerbilanz maßgebend sein. Vielmehr, so der BFH, ist das Kapitalkonto jedes Gesellschafters selbständig zu ermitteln. Ausgehend von seinen geleisteten Einlagen sind selbige um spätere Einlagen und positive Einkünfte aus den Vorjahren zu erhöhen und um spätere Entnahmen und negative Einkünfte der Vorjahre zu vermindern. Wird das Kapitalkonto aber auf diese Weise ermittelt, ist es nicht gerechtfertigt und auch nicht praktisch durchführbar, für jede Einkunftsart ein gesondertes Kapitalkonto zu ermitteln, allein deshalb nicht, weil jedenfalls die Einlagen und die Entnahmen jede Einkunftsart betreffen.
2. Sinngemäße Anwendung des § 15a Abs. 2 Satz 1 EStG
In sinngemäßer Anwendung des § 15a Abs. 2 Satz 1 EStG mindern nach diesem Urteil die verrechenbaren Werbungskostenüberschüsse des Kommanditisten die später erzielten Überschüsse, die ihm aus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen sind. § 15a Abs. 2 EStG ist unabhängig von Einkunftsarten formuliert und knüpfe die Verrechenbarkeit künftiger Überschüsse maßgebend an die gesellschaftsrechtliche Beteiligung. Damit sind alle Überschüsse verrechnungsfähig, die mit der Beteiligung an der KG im Zusammenhang stehen. Auch in der Entstehungsgeschichte des § 15a EStG wird, so der BFH, maßgeblich auf die gesellschaftsrechtliche Beteiligung abgestellt.
Bei einer KG, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften somit bei der Berechnung des Ausgleichsvolumens einzubeziehen. Der BFH stellt damit klar, dass die in § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 15a Abs. 2 EStG enthaltende Verrechnung der nicht ausgeglichenen oder abgezogenen Werbungskostenüberschüsse mit den Überschüssen aus späteren Wirtschaftsjahren unabhängig von der Einkunftsart zu erfolgen hat. Allein maßgebend ist, dass diese Überschüsse dem Kommanditisten aus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen sein müssen.
3. Beispiel
Eine KG erzielt aus der Vermietung von Grundstücken im Jahr 02 Einkünfte i.H.v. 10.000,00 EUR und aus dem Verkauf eines Grundstückes Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. 100.000,00 EUR. An der KG sind A als Komplementär und B als Kommanditist zu jeweils 50 % beteiligt. Das Kapitalkonto des B wurde am 31.12.2001 mit ./. 60.000,00 EUR ermittelt. B hat verrechenbare Verluste aus den Vorjahren i.S. des § 15a Abs. 2 EStG i.H.v. 80.000,00 EUR.
Verteilung der Einkünfte:
Einkünfte aus: |
KG |
A (50 %) |
B (50 %) |
§ 21 EStG: |
10.000,00 EUR |
5.000,00 EUR |
5.000,00 EUR |
§ 23 EStG: |
100.000,00 EUR |
50.000,00 EUR |
50.000,00 EUR |
Gesamt: |
110.000,00 EUR |
55.000,00 EUR |
55.000,00 EUR |
Ermittlung des Kapitalkontos des B:
Bestand 31.12.2001: |
|
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- 60.000,00 EUR |
Anteil 02 aus: |
§ 21 EStG: |
5.000,00 EUR |
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§ 23 EStG: |
50.000,00 EUR |
55.000,00 EUR |
Bestand 31.12.2002: |
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- 5.000,00 EUR |
Die positiven Einkünfte des B aus der Beteiligung an der KG sind mit den nach § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 15a Abs. 2 EStG verrechenbaren Verlusten zu verrechnen.