Anwendung der Steuerbefreiung
(1) 1Wird ein Grundstück sowohl zu steuerbegünstigen Zwecken nach §§ 4 und 5 LGrStG als auch zu anderen Zwecken genutzt, so sind die Bestimmungen des § 9 LGrStG, der zwischen zwei Fallkonstellationen unterscheidet, zu beachten. 2Betrifft die steuerbegünstigte Nutzung einen abgrenzbaren Teil des Grundstücks, so ist nach § 9 Absatz 1 LGrStG nur dieser Teil steuerbefreit. 3Kann eine Abgrenzung nicht vorgenommen werden, so erfolgt nach § 9 Absatz 2 LGrStG eine Steuerbefreiung, wenn der Steuergegenstand überwiegend steuerbegünstigten Zwecken dient. 4Bei der Anwendung der Befreiungsvorschriften sind die Verhältnisse zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahres maßgeblich. 5Für die Gewichtung nach § 9 Absatz 2 LGrStG, ob die steuerbegünstigte Nutzung überwiegt, sind die Verhältnisse in dem Kalenderjahr maßgebend, das dem Kalenderjahr vorangeht, auf dessen Beginn der Grundsteuermessbetrag festgesetzt wird. 6Beschränkt sich die tatsächliche Nutzung des Grundstücks für steuerbegünstigte Zwecke nur auf bestimmte wiederkehrende Zeitabschnitte eines Kalenderjahres, während in der übrigen Zeit das Grundstück nicht genutzt wird, so ist zu unterstellen, dass die Nutzung für steuerbegünstigte Zwecke in der Zwischenzeit fortbesteht.
(2) 1Die Aufteilung eines Steuergegenstandes nach seiner Nutzung für steuerbegünstigte Zwecke und für nichtsteuerbegünstigte Zwecke nach § 9 Absatz 1 LGrStG wird bereits bei der Grundsteuerbewertung des Grundbesitzes vorgenommen, und zwar vorrangig anhand der Grundstücksfläche.
Beispiel:
Von einem unbebauten Grundstück mit einer Fläche von 3.000 m² werden 2.000 m² als steuerbefreiter öffentlicher Parkplatz genutzt. Die sichtbar abgegrenzte Restfläche dient einem Gewerbebetrieb als Mitarbeiterparkplatz.
Der Feststellung des Grundsteuerwerts wird eine Fläche von 1.000 m² zugrunde gelegt.
2Ist eine Aufteilung nicht bereits unmittelbar anhand der Grundstücksfläche möglich, kann diese hilfsweise nach dem Verhältnis der anteiligen Wohn- und Nutzflächen erfolgen (zur Wohnfläche siehe AE zu § 40 Absatz 5 Satz 2).
Beispiel:
Die Gemeinde ist Eigentümerin eines bebauten Grundstücks mit einer Gesamtfläche von 1.000 m². Das aufstehende Gebäude wird im Erd- und Obergeschoß als Rathaus (Nutzfläche = 300 m²) sowie im Dachgeschoss als Wohnung (Wohnfläche = 100 m²) genutzt.
Der Feststellung des Grundsteuerwerts wird eine Fläche von 250 m² zugrunde gelegt (1.000 m² / 400 m² x 100 m²).
(3) 1Wenn eine Aufteilung nach § 9 Absatz 1 LGrStG nicht möglich ist, kommt es für die Gewährung einer Steuerbefreiung gemäß § 9 Absatz 2 LGrStG darauf an, ob der Steuergegenstand überwiegend steuerbegünstigten oder nichtsteuerbegünstigten Zwecken dient. 2Dabei bleiben Zeiten der Nichtnutzung des Grundbesitzes (insbesondere Leerstand des Gebäudes) außer Betracht. 3Ob die Nutzung für steuerbegünstigte und nichtsteuerbegünstigte Zwecke gleichzeitig nebeneinander oder zeitlich hintereinander erfolgt, ist ohne Bedeutung. 4Eine Stadthalle, die sowohl für öffentliche Veranstaltungen, z. B. für Bürgerversammlungen, als auch für private Veranstaltungen, z. B. für Konzerte, genutzt wird, bleibt steuerfrei, wenn der Gebrauch durch die Allgemeinheit überwiegt. 5Handelt es sich um unterschiedliche Grundstücksteile, die jeweils teils zu begünstigten, teils zu nicht begünstigten Zwecken genutzt werden, ist bei der Gewichtung, ob die steuerbegünstigten Zwecke überwiegen, neben der zeitlichen Abgrenzung auch der Umfang der unterschiedlichen Nutzung nach Maßgabe des Flächenanteils zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 27. November 1991 II R 100/87, BStBl. II 1992, S. 563).
(4) 1§§ 6 und 7 LGrStG gehen als speziellere Normen § 9 Absatz 2 LGrStG vor. 2Treffen in diesen Fällen steuerbegünstigte Zwecke nach §§ 4 und 5 LGrStG und andere Zwecke zusammen, kommt es auf ein Überwiegen der Nutzung für steuerbegünstigte Zwecke nicht an.
Beispiel:
Ein Truppenübungsplatz (begünstigt) wird auch teilweise landwirtschaftlich genutzt (grundsätzlich nicht begünstigt). Da die Befreiung gemäß § 7 Nummer 2 LGrStG greift, ist der Grundbesitz insgesamt steuerfrei. Es handelt sich dabei um die gegenüber § 9 Absatz 2 LGrStG speziellere Vorschrift.