Leitsatz
1. Bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO sind § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG anzuwenden, so dass die Einkünfte nach Anwendung dieser Vorschriften grundsätzlich "netto" festzustellen sind. Zulässig ist aber auch, die § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG unterliegenden laufenden Einkünfte oder Veräußerungsgewinne zusätzlich "brutto" festzustellen, soweit aus den weiteren Feststellungen für einen verständigen Empfänger erkennbar ist, dass zur Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte ein weiterer Rechenschritt erforderlich ist.
2. Endgültig einnahmelos ist eine Kapitalbeteiligung erst dann, wenn feststeht, dass Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen aus der nämlichen Beteiligung niemals als Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG einer bestandskräftigen Veranlagung des Steuerpflichtigen oder einer bestandskräftigen gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung seiner Einkünfte zugrunde gelegen haben.
Normenkette
§ 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO
Sachverhalt
Die Kommanditisten der klagenden GmbH & Co. KG waren zugleich Gesellschafter der X-GmbH, an die die KG im Wege der Betriebsaufspaltung ein Autohaus vermietet hatte. Im Streitjahr 2009 veräußerten Kommanditisten ihre KG-Anteile mit Verlust. Gleichzeitig wurden auch die Anteile an der Betriebs-GmbH von den Kommanditisten mit Verlust veräußert bzw. in das Privatvermögen überführt.
Im Gewinnfeststellungsbescheid 2009 wurden die Veräußerungsverluste sowie die darin enthaltenen Verluste aus den GmbH-Beteiligungen festgestellt. Die Verluste aus den GmbH-Beteiligungen wurden dabei mit dem vollen Betrag ausgewiesen, verbunden mit dem Hinweis, dass sie "unter die §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b KStG fallen (100 %)".
Die KG war der Meinung, die Verluste aus den GmbH-Anteilen fielen nicht unter das Teileinkünfteverfahren, weil aus den Beteiligungen keine Einnahmen erzielt worden seien. Das FA folgte dem Einwand in Bezug auf den Verlust eines Kommanditisten von 9.419 EUR nicht, weil für diesen im Jahr 2006 eine verdeckte Gewinnausschüttung von 1.424 EUR als Sonderbetriebseinnahme festgestellt worden sei. Die KG wandte dagegen ein, eine verdeckte Gewinnausschüttung habe nicht vorgelegen. Wegen des geringen Betrags habe man seinerzeit auf einen Rechtsbehelf gegen den Bescheid verzichtet. Hiermit hatte die KG jedoch keinen Erfolg, auch nicht vor dem FG (FG Köln, Urteil vom 27.7.2016, 3 K 1137/12, Haufe-Index 9884566, EFG 2016, 1933).
Entscheidung
Die Revision wurde vom BFH zurückgewiesen. Das FA habe zu Recht den Verlust i.H.d. vollen Betrags ("brutto") festgestellt und damit verbunden ebenfalls zu Recht die Feststellung getroffen, dass dieser Verlust dem Teileinkünfteverfahren unterliege.
Hinweis
1. Mit dem Urteil nimmt der BFH umfassend zur Berücksichtigung von dem Teileinkünfteverfahren unterliegenden Einkünften im Rahmen eines Gewinnfeststellungsbescheids Stellung.
a) Nach dem Gesetzeswortlaut sind die "einkommensteuerpflichtigen und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte" festzustellen. Steuerbefreiungen nach § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b KStG müssten danach berücksichtigt werden; festzustellen sind die nach Abzug der steuerbefreiten Beträge verbleibenden "Netto"-Einkünfte. Dennoch werden von der Finanzverwaltung seit Jahren die "Brutto"-Einkünfte verbunden mit dem Hinweis auf die Steuerbefreiung festgestellt. Dies billigt der BFH jetzt ausdrücklich, weil eine "Netto"-Feststellung nicht immer möglich ist, etwa bei doppelstöckigen Gesellschaften, bei denen man nicht erkennen kann, ob ein Obergesellschafter der ESt oder KSt unterliegt.
b) Der festgestellte "Brutto"-Betrag ist dann eine eigenständige "andere Besteuerungsgrundlage" i.S.d. § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO, die eigenständig bestandskräftig wird. Wird die Feststellung beanstandet, muss sich der Rechtsbehelf gezielt auf diese Besteuerungsgrundlage richten.
c) Werden verschiedenartige Einkünfte festgestellt, also etwa laufende Einkünfte und Veräußerungsgewinne, müssen dem Teileinkünfteverfahren unterliegende Einkunftsbestandteile getrennt für jede der verschiedenen Kategorien von Einkünften festgestellt werden.
2. Nach der bis 2010 geltenden Rechtslage waren trotz prinzipieller Geltung des Teileinkünfteverfahrens Verluste voll abziehbar, wenn keine Einnahmen aus der Beteiligung erzielt worden waren.
a) Dies wurde damit begründet, dass nur bei teilweise befreiten Einnahmen der volle Abzug von Ausgaben zu einem ungerechtfertigten Steuervorteil führen könne. Voraussetzung dafür war aber, dass die Beteiligung "endgültig einnahmelos" war, also niemals Einnahmen erzielt wurden.
b) In dem Augenblick, in dem Einnahmen erzielt werden, steht danach die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens fest. Sind jedoch in einem Jahr Ausgaben entstanden, bis zu dem keine Einnahmen angefallen sind, steht aber bei Erlass des Bescheids noch nicht fest, dass es auch in späteren Jahren nicht zu Einnahmen