1. |
1Materieller Fehler ist jede objektive Unrichtigkeit eines Steuerbescheids. 2Materiell fehlerhaft ist ein Bescheid nicht nur, wenn bei Erlass des Steuerbescheids geltendes Recht unrichtig angewendet wurde, sondern auch dann, wenn der Steuerfestsetzung ein Sachverhalt zugrunde gelegt worden ist, der sich nachträglich als unrichtig erweist. 3Bei der Steuerfestsetzung nicht berücksichtigte Tatsachen sind deshalb, sofern sie zu keiner Änderung nach § 173 führen, nach § 177 zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 5.8.1986 - IX R 13/81 - BStBl 1987 II, S. 297, 299, 299). 4Auf ein Verschulden kommt es ebenso wenig an wie darauf, dass der Steueranspruch insoweit verjährt ist (BFH-Urteil vom 18.12.1991 - X R 38/90 - BStBl 1992 II, S. 504). 5Eine Berichtigung eines materiellen Fehlers nach § 177 ist deshalb auch dann zulässig und geboten, wenn eine isolierte Änderung dieses Fehlers oder seine Berichtigung nach § 129 wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht möglich wäre. |
2. |
1Die Möglichkeit der Berichtigung materieller Fehler ist bei jeder Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids zu prüfen. 2Materielle Fehler sind zu berichtigen, soweit die Voraussetzungen für die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids zuungunsten (§ 177 Abs. 1) oder zugunsten des Steuerpflichtigen (§ 177 Abs. 2) vorliegen; die Voraussetzungen des § 177 Abs. 1 und 2 können auch nebeneinander vorliegen. 3Materielle Fehler dürfen nur innerhalb des Änderungsrahmens berichtigt, d. h. gegengerechnet werden. 4Liegen sowohl die Voraussetzungen für Änderungen zugunsten des Steuerpflichtigen als auch solche zu dessen Ungunsten vor, sind die oberen und unteren Grenzen der Fehlerberichtigung jeweils getrennt voneinander zu ermitteln (BFH-Urteile vom 9.6.1993 - I R 90/92 - BStBl II, S. 822, und vom 14.7.1993 - X R 34/90 - BStBl 1994 II, S. 77). 5Eine Saldierung der Änderungstatbestände zuungunsten und zugunsten des Steuerpflichtigen ist deshalb nicht zulässig (Saldierungsverbot). |
4. |
1Die Auswirkungen materieller Fehler sind zu saldieren und dann, soweit der Änderungsrahmen reicht, zu berücksichtigen (Saldierungsgebot); vgl. BFH-Urteil vom 9.6.1993 - I R 90/92 - BStBl II, S. 822). 2Bei Änderungen zuungunsten des Steuerpflichtigen kann ein negativer (steuermindernder) Fehler-Saldo nur bis zur Änderungsuntergrenze berücksichtigt werden (§ 177 Abs. 1). 3Bei Änderungen zugunsten des Steuerpflichtigen kann ein positiver (steuererhöhender) Fehler-Saldo nur bis zur Änderungsobergrenze berücksichtigt werden (§ 177 Abs. 2). Beispiele:
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5. |
1Soweit ein Ausgleich materieller Fehler nach § 177 nicht möglich ist, bleibt der Steuerbescheid fehlerhaft. 2Hierin liegt keine sachliche Unbilligkeit, da die Folge vom Gesetzgeber gewollt ist. |
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