Leitsatz
Eine die Abzugsfähigkeit der Fahrtkosten eines Arbeitnehmers nicht gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG auf die Entfernungspauschale begrenzende Auswärtstätigkeit scheidet aus, wenn von vornherein aufgrund vertraglicher Regelungen lediglich eine einzige Arbeitsstätte besteht.
Sachverhalt
Der Kläger hatte zum 1. 2. 2012 einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag als Großgerätefahrer in einem Bergwerk abgeschlossen. Vereinbarungen hinsichtlich eines Zeitpunkts, zu dem eine eventuelle Verlängerung des Arbeitsvertrages auszusprechen sei, wurden nicht getroffen. Der Kläger gab an, dass er aufgrund seines befristeten Arbeitsvertrages über keine regelmäßige Arbeitsstätte verfüge und somit die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach Reise-kostengrundsätzen anzusetzen seien. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Kläger über eine regelmäßige Arbeitsstätte verfüge, und daher nur die Entfernungspauschale anzusetzen sei. Der Kläger trug vor, dass in Fällen eines befristeten Arbeitsvertrages keine regelmäßige Arbeitsstätte am Betriebssitz vorliege. Solange eine Befristung vorliege, sei die Tätigkeit vorübergehend. Zur Begründung bezieht sich der Kläger auf das Urteil des BFH v. 8.8.2012, VI R 72/12.
Entscheidung
Das Finanzamt hat die Aufwendungen für Fahrten des Klägers zu seinem Tätigkeitsort zu Recht nur als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steuermindernd berücksichtigt und zutreffend nicht nach Reisekostengrundsätzen behandelt. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Auswärtstätigkeit vorliegt, ist nicht abstrakt auf das Vorliegen eines Probezeitarbeitsverhältnisses oder eine zeitliche Befristung, sondern auf die persönlichen Verhältnisse des jeweiligen Steuerpflichtigen abzustellen.
Allein wegen einer vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses auf zunächst ein Jahr stellt der in diesem Zeitraum allein angefahrene Betriebssitz des Arbeitgebers keine nur vorübergehende Arbeitsstätte dar. Der Werbungskostenabzug für die Fahrten zwischen Wohnung und einziger Arbeitsstätte ist mit der Entfernungspauschale anzusetzen. Der Ansatz von Reisekosten und Verpflegungsmehraufwendungen kommt nicht in Betracht. Auch nach neuem Recht (§ 9 Abs. 4 Satz 3 EStG n.F.) ist von einer dauerhaften Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte auszugehen, wenn der Arbeitnehmer "für die Dauer des Dienstverhältnisses" an dieser Tätigkeitsstätte tätig werden soll.
Hinweis
Die vom Finanzgericht zugelassene Revision wurde eingelegt und wird unter dem Az. VI R 7/15 beim BFH geführt. In vergleichbaren Fällen sollten Betroffene unter Hinweis auf dieses Verfahren gegen ablehnende Steuerbescheide Einspruch einlegen und auf das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO verweisen.
Link zur Entscheidung
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.12.2014, 4 K 226/14