Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
Arbeitnehmer i.S.d. § 21 Abs. 3 BerlinFG sind auch solche Personen, die nur kurzfristig oder in geringem Umfang und gegen geringen Arbeitslohn beschäftigt werden. Zur Berechnung der Anzahl der durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer ist eine Umrechnung der von Teilzeitkräften geleisteten Arbeit auf Vollzeitkräfte vorzunehmen.
Normenkette
§ 21 Abs. 3 BerlinFG , § 23 BerlinFG
Sachverhalt
Eine GmbH & Co. KG verwaltete vorwiegend Beteiligungen und unterhielt außerdem eine Gebäudereinigung. Sie hatte ihren Sitz in Berlin und unterhielt dort auch ihre einzige Betriebsstätte. Neben 5,5 Vollzeitarbeitskräften waren in der Gebäudereinigung Teilzeitkräfte beschäftigt. Umgerechnet entsprach dies 3,36 Vollzeitkräften mit pauschaler Lohnversteuerung und je nach Berechnungsmodus ca. 19 Vollzeitkräften mit Lohnsteuerpflicht und Sozialversicherungsbeiträgen.
Die KG begehrte die Feststellung, dass ihr gesamter Gewinn dem ermäßigten ESt-Tarif nach § 21 Abs. 3 BerlinFG unterliege. Das FA hielt die dafür notwendige Zahl von 25 in Berlin beschäftigten Arbeitnehmern nicht für erreicht, weil nur Arbeitnehmer berücksichtigt werden könnten, die Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge zahlten. Entgegen der Auffassung des FG sah der BFH die Voraussetzungen für eine Tarifermäßigung als gegeben an.
Entscheidung
Der Arbeitnehmerbegriff des BerlinFG entspreche dem des § 1 Abs. 1 LStDV. Danach seien auch pauschalbesteuerte Teilzeitkräfte Arbeitnehmer. Dass über die Gebäudereinigung auch die Beteiligungserträge tarifbegünstigt würden, sei nicht zu beanstanden. Denn § 21 BerlinFG begünstige nicht nur Gewinne aus originär gewerblichen Betätigungen und verlange nicht, dass die Wertschöpfung allein auf der Tätigkeit der 25 Arbeitnehmer beruhe. Auch liege kein Gestaltungsmissbrauch vor.
Hinweis
1. Die Entscheidung hat insoweit nur historische Bedeutung, als die Tarifermäßigung für die ESt nach § 21 BerlinFG letztmals im Jahr 1994 gewährt wurde. Für die neuen Bundesländer ist eine entsprechende Regelung nicht geschaffen worden.
2. Unabhängig von der Auslegung der Vorschrift im BerlinFG enthält das Urteil aber auch allgemein bedeutsame Ausführungen. Sie betreffen die Frage, inwieweit der verfolgte Lenkungszweck in Subventionsnormen"hineingelesen" werden muss, wenn der Gesetzgeber ihn nicht klar zum Ausdruck bringt. Der BFH lehnt es hier ab, mit Rücksicht auf den Zweck der Subvention für deren Inanspruchnahme zusätzliche Voraussetzungen neben den ausdrücklich geregelten zu schaffen. Nach seiner Auffassung ist es Sache des Gesetzgebers, die Voraussetzungen so zu formulieren, dass der Zweck der Subvention auch immer erreicht wird. Erfüllt der Steuerpflichtige die ausdrücklich geregelten Voraussetzungen, steht ihm die Subvention zu. Es ist insbesondere kein Gestaltungsmissbrauch, wenn der Steuerpflichtige den Sachverhalt zivilrechtlich wirksam so gestaltet, dass der Buchstabe des Gesetzes erfüllt wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.11.2001, IV R 39/00