Leitsatz
Die Gewährung einer Investitionszulage nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 für Erhaltungsarbeiten an einem Gebäude setzt kein zivilrechtliches oder wirtschaftliches Eigentum an dem Gebäude voraus. Unter den weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift ist auch der Nießbraucher anspruchsberechtigt, wenn er die Erhaltungsarbeiten auf eigene Rechnung und Gefahr durchgeführt hat.
Normenkette
§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Anlagegesellschaft in der Rechtsform einer KG. Mit notariellem Vertrag vom 1.7.1999 bestellte ihr die gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH X, deren Alleingesellschafterin die Stadt X ist, beginnend am 1.8.1999, einen Nießbrauch an einem 1969 errichteten fünfgeschossigen Wohnblock mit 60 Wohneinheiten mit einer Gesamtwohnfläche von 3.222,9 qm auf die Dauer von 10 Jahren.
Nach § 4 Abs. 1 des Vertrags trat die Nießbraucherin in die bestehenden Rechtsverhältnisse ein. Die Nießbraucherin verpflichtete sich, Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen durchzuführen. Im Gegenzug war die anschließende Anhebung der Grundmieten im gesetzlich zulässigen Rahmen auf 8,10 DM/qm vorgesehen. Die Eigentümerin verpflichtete sich, nach Ablauf des Nießbrauchs den durch die Mieterhöhung nicht abgegoltenen Aufwand für die vorgenommenen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen mit 3,1 Mio. DM auszugleichen.
Die Klägerin führte anschließend umfassende Sanierungsarbeiten (Isolierung, Bäder, Elektrik, Dacharbeiten u.a.) an dem Gebäude mit einem Gesamtaufwand von 3.164.541 DM durch und beantragte daraufhin "als wirtschaftliche Eigentümerin" eine Investitionszulage in Höhe von 15 %.
Das FA lehnte den Antrag ab, weil die Klägerin weder zivilrechtliche noch wirtschaftliche Eigentümerin des Gebäudes sei. Der von der Klägerin erhobenen Sprungklage gab das FG statt. Der BFH bestätigte diese Entscheidung.
Entscheidung
§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 setze nicht voraus, dass derjenige, der die Erhaltungsarbeiten durchführe, auch (wirtschaftlicher) Eigentümer des Gebäudes sei. Ausreichend sei, wenn – wie im Streitfall – der Nießbraucher auf eigene Rechnung anstelle der Eigentümerin begünstigte Erhaltungsaufwendungen getragen habe.
Hinweis
Mit dem InvZulG 1999 wollte der Gesetzgeber das Fördersystem vereinheitlichen und durchsichtiger gestalten. Die Förderung sollte auf Investitionszulagen unter Wegfall der Sonderabschreibungen nach dem FördG konzentriert werden. Das Gesetz hat die bisherigen Fördertatbestände aber nicht unverändert übernommen. Vielmehr unterscheiden sich die einzelnen Voraussetzungen erheblich von den früheren Fördergesetzen, so dass nicht ohne weiteres davon auszugehen ist, der Gesetzgeber habe nahtlos an die bisherige Förderung anschließen wollen.
§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 begünstigt Erhaltungsarbeiten an Gebäuden, die vor dem 1.1.1991 fertig gestellt wurden, sofern das Gebäude nach Beendigung der Erhaltungsarbeiten mindestens fünf Jahre lang vermietet wird. Im Gegensatz zu anderen Fördertatbeständen des InvZulG 1999 setzt § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 keine Gewinneinkünfte voraus. Vielmehr kann auch für Modernisierungsmaßnahmen an Mietwohngebäuden, die sich im Privatvermögen befinden, Investitionszulage erlangt werden. Somit können auch vermögensverwaltende Gesellschaften anspruchsberechtigt sein.
Zwar schließt § 3 InvZulG an § 3 FördG an. Er enthält jedoch sowohl einige einschränkende als auch weitere zusätzliche Tatbestandsmerkmale. Insbesondere ist erstmals die Förderung des Erhaltungsaufwands aufgenommen worden. Derjenige, der die begünstigten Investitionen am Gebäude vornimmt, muss nach Auffassung des BFH nicht zugleich Eigentümer des Gebäudes sein. Weder der Wortlaut der § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und § 1 Abs. 1 InvZulG 1999 noch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes oder die Zusammenschau mit anderen Fördertatbeständen und ihren unterschiedlichen Voraussetzungen lassen einen Willen des Gesetzgebers erkennen, stets nur den Eigentümer zu fördern.
Die Vorschrift bezweckt, die Sanierung von Mietwohnungen zu fördern. Erhaltungsaufwendungen wurden erst auf Empfehlung des Finanzausschusses einbezogen. Hierdurch sollte einmal dem großen Sanierungsbedarf in Ostdeutschland Rechnung getragen werden, daneben sollten Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Qualifizierung der Modernisierungsmaßnahmen als Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand entschärft werden. Dieses Ziel setzt aber nicht voraus, dass der Eigentümer selbst die Sanierungsmaßnahmen durchführt. Vielmehr ist es, ausgehend vom Zweck des Gesetzes, die Sanierung von Mietwohngebäuden zu begünstigen, angezeigt, auch den Nutzungsberechtigten in den Förderbereich einzubeziehen.
Beachten Sie: Die Entscheidung ist nicht auf andere Fördertatbestände nach dem InvZulG 1999 übertragbar. Vielmehr stellt jeder Fördertatbestand eigenständige Voraussetzungen auf.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 5.9.2002, III R 37/01