Leitsatz
1. Eine vGA i.S.d. § 8a KStG 1999 führt im Zeitpunkt der Leistung der Fremdkapitalvergütungen zu einem Beteiligungsertrag des Anteilseigners i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG 1997 (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 20.08.2008, I R 29/07, BFH/NV 2008, 2133, BFH/PR 2009, 10).
2. Von den Fremdkapitalvergütungen ist im Zeitpunkt der Leistung gem. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG 1997 KapESt einzubehalten und abzuführen (ebenfalls Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 20.08.2008, I R 29/07, BFH/NV 2008, 2133, BFH/PR 2009, 10).
3. Es ist schuldhaft i.S.v. § 44 Abs. 5 S. 1 letzter Halbs. EStG 1997, wenn der abführungsverpflichtete Kapitalnehmer wegen bestehender Ungewissheiten über die Rechtswirkungen des § 8a KStG 1999 auf Anteilseignerebene von der ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der KapESt absieht (erneut Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 20.08.2008, I R 29/07, BFH/NV 2008, 2133, BFH/PR 2009, 10).
4. Durch die Umsetzung von Gemeinschaftsrecht geschaffene Ungleichbehandlungen rein innerstaatlicher Sachverhalte können insoweit nicht dem nationalen Gesetzgeber zugerechnet werden, als dieser lediglich gemeinschaftsrechtliche Vorgaben in Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen in die nationale Rechtsordnung zu übernehmen hat (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 15.07.2005, I R 21/04, BFH/NV 2005, 1949, BFH/PR 2005, 417, BStBl II 2005, 716).
Normenkette
§ 8a KStG 1999, § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG 1997, Art. 3 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Alleiniger Anteilseigner der Klägerin, einer GmbH, ist ein kommunaler Wasserversorgungsverband (V). Dieser gewährte der Klägerin 1998 zur Errichtung einer Kläranlage ein Darlehen i.H.v. 46 Mio. DM. Im Darlehensvertrag war dafür zunächst Unverzinslichkeit vereinbart. Erst später – im September des Streitjahrs 1999 – wurde eine 1 %ige Verzinsung vereinbart. Diese und andere gezahlte Zinsen (z.B. Bauzeitzinsen in schwankender Höhe ohne entsprechende Vereinbarung) aktivierte die Klägerin, die ein gezeichnetes Eigenkapital von seinerzeit 100 000 DM auswies, bei den verschiedenen Wirtschaftsgütern der Kläranlage.
Die Zahlung der Zinsen für Januar bis September 1999 behandelte das FA als vGA nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG 1999, da darüber keine vorherige klare Vereinbarung getroffen worden und mithin die Berechnung der Zinsen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. In den Zinsen für den restlichen Zeitraum des Streitjahrs sah das FA eine vGA nach § 8a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Halbs. 1 KStG 1999.
Für die auf diese Beträge nach § 43a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und § 44 Abs. 1 S. 1 und 3 EStG 1997 ermittelten KapESt nahm das FA die Klägerin gem. § 44 Abs. 5 EStG 1997 durch Haftungsbescheid in Anspruch.
Der anschließenden Klage gab das FG des Landes Sachsen-Anhalt mit Urteil vom 22.11.2007, 1 K 1865/06 statt (Haufe-Index 1965869, EFG 2008, 1068).
Entscheidung
Der BFH war anderer Ansicht. Er hob das FG-Urteil auf und bestätigte sein Urteil vom 20.08.2008, I R 29/07, BFH/NV 2008, 2133, BFH/PR 2009, 10): Die Zinsen "gälten" nach § 8a KstG 1999 als vGA und das schlage auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auf die Anteilseignerebene durch.
Hinweis
1. Eigentlich genügt es, auf das Urteil des BFH vom 20.08.2008, I R 29/07 (BFH/NV 2008, 2133, BFH/PR 2009, 10) hinzuweisen.
Mit diesem Urteil hatte der BFH kürzlich entschieden, dass eine vGA i.S.d. § 8a KStG 2002 im Zeitpunkt der Leistung der Fremdkapitalvergütungen zu einem Beteiligungsertrag des Anteilseigners i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG 2002 führt. Das wiederum zieht die KapESt-Pflicht der umqualifizierten Zinsen und ggf., falls der Vergütungsschuldner dem nicht nachkommt, die Inanspruchnahme mittels Nachforderungsbescheid nach sich. Der BFH hat dadurch die einschlägige Verwaltungspraxis (im BMF-Schreiben vom 15.07.2004, BStBl I 2004, 593, dort Tz. 11 ff.) bestätigt.
Das alles wurde, wie gesagt, für § 8a KStG 2002 entschieden. Und es zeichnete sich bereits ab, dass für die Vorgängerregelung des § 8a KStG 1999 nichts anderes gelten konnte, obschon dort eine nicht ganz übereinstimmende tatbestandliche Formulierung enthalten war. (Die Kapitalvergütungen "gelten" danach als vGA, später hieß es, sie "sind" dies.)
Diese Mutmaßung hat sich nun bestätigt: In beiden Fällen ist das Regelungsverständnis gleich. Überdies steht fest, dass das, was für die KapESt-Nachforderung mit Bescheid gem. § 167 AO richtig ist, für die alternative behördliche Inanspruchnahme mittels Haftungsbescheids gem. § 191 AO nicht falsch sein kann.
2. Darüber hinaus verdient noch ein zusätzlicher Aspekt Beachtung:
§ 8a KStG 1999"bestrafte" qua Umqualifizierung von Fremdkapitalvergütungen in vGA – anders als § 8a KStG 2002 – nur Körperschaften mit solchen Gesellschaftern, die seinerzeit nicht zur Anrechnung von KSt berechtigt waren, in erster Linie also sog. Gebietsfremde. Es wurde durch das EuGH-Urteil "Lankhorst-Hohorst" vom 12.12.2002, C-324/00 (BFH/NV Beilage 2003, 98, BFH/PR 2003, 69) geklärt, dass diese Sch...