Rz. 49

Nach § 140 AO müssen alle nach außersteuerlichen Gesetzen zur Buchführung Verpflichteten auch für Zwecke der Besteuerung Bücher führen, wenn sie für die Besteuerung von Bedeutung sind (sog. derivative [abgeleitete] Buchführungspflicht). Die wohl wichtigste außersteuerliche Buchführungspflicht ist im HGB (§§ 238 ff. HGB) verortet. Daneben gibt es für eine ganze Reihe von Gewerben und Berufen noch weitere Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten, die auch für die Besteuerung von Bedeutung sind; beispielsweise für Krankenhäuser im Rahmen der Verordnung über Rechnungslegungs- und Buchführungspflichten von Krankenhäusern (KHBV).[1]

 

Rz. 50

Für alle durch die außersteuerlichen Buchführungspflichten nicht erfassten Steuerpflichtigen hat § 141 AO hilfsweise eine originäre Buchführungspflicht für Gewerbetreibende und Land- und Forstwirte angeordnet, soweit diese bestimmte wirtschaftliche Merkmale erfüllen (§ 141 Abs. 1 AO).

 

Rz. 51

Folgerichtig ordnet § 147 AO auch eine Aufbewahrung der Bücher und Aufzeichnungen im Interesse der Besteuerung an. Anlässlich des Inkrafttretens der AO 1977 wurden die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften weitgehend aneinander angeglichen. Vergleicht man § 257 HGB mit § 147 AO, so kann man eine doch recht weitgehende Übereinstimmung im Wortlaut feststellen. Die wesentlichen, durch steuerliche Erwägungen beeinflussten Abweichungen sind diese:

Während § 257 HGB "Kaufleute" anspricht, vermeidet § 147 AO einen bestimmten Personenkreis zu nennen; statt "Handelsbücher" (§ 257 HGB) spricht § 147 AO von "Büchern und Aufzeichnungen" geht also auch insoweit sachlich wesentlich weiter. Den von § 257 Abs. 1 HGB angeführten 4 Positionen[2] hat § 147 AO eine Nr. 4a "Unterlagen nach Art. 15 Abs. 1 und Art. 163 des Zollkodex der Union" sowie eine weitere Nr. 5 angefügt: "sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind". Neben den Handelsbriefen erwähnt die AO in Nr. 3 auch "Geschäftsbriefe", um damit die Nichtkaufleute mit ihrer Korrespondenz anzusprechen. Bei ansonsten mit dem HGB übereinstimmenden Aufbewahrungsfristen (6 bzw. 10 Jahre) sieht die AO eine Ablaufhemmung vor, d. h. die Frist kann sich effektiv erheblich verlängern. Die in § 147 Abs. 5 AO enthaltene Anordnung, wonach der Steuerpflichtige, der von Aufbewahrungserleichterungen[3] Gebrauch macht, auf eigene Kosten die notwendigen Hilfsmittel bereitstellen muss, um die Unterlagen lesbar zu machen, findet ihre handelsrechtliche Entsprechung in § 261 HGB.

 

Rz. 52

Die steuerlichen Aufbewahrungspflichten, die sowohl nach dem Personenkreis als auch sachlich nach den zu verwahrenden Unterlagen erheblich weitergehen als die handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten, haben naturgemäß eine erhebliche praktische Bedeutung. Auf sie kann und wird bei den fiskalischen Prüfungen zur Kontrolle zurückgegriffen. Dem Staat in Person des Finanzamtes stehen erhebliche Einsichts- und Kontrollrechte zu, um den ihm zustehenden Ergebnisanteil in Form von Steuern festzusetzen. Im Zuge dieser Kompetenzausübung ist das Finanzamt beispielsweise bei einer nicht mehr nachprüfbaren Buchführung zu Schätzungen berechtigt.[4] Zugleich hat die Finanzverwaltung auch das Recht, hinsichtlich der steuerlichen Aufbewahrungspflichten Erleichterungen zu gewähren (§ 148 AO), um Härten zu mildern.

[1] Weiterführend s. Rz. 77 mit speziellen gesetzlichen Aufzeichnungsverpflichtungen.
[2] Siehe oben Rz. 8.
[3] Siehe oben Rz. 31ff.
[4] Vgl. Rz. 79.

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