Leitsatz
1. Ein landwirtschaftlicher Betrieb wird mit der Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen an Dritte aufgegeben (Anschluss an BFH-Urteil vom 16. Dezember 2009, IV R 7/07, BFHE 228, 59, BStBl II 2010, 431).
2. Landwirtschaftliche Nutzflächen von mehr als 3.000 qm stellen nicht allein im Hinblick auf ihre Größe landwirtschaftliche Teilbetriebe dar.
Normenkette
§ 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, § 6 Abs. 3 Satz 1, § 13, § 14 Satz 2, § 16 Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin war Eigentümerin eines ruhenden (verpachteten) land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Mit notariellem Vertrag übertrug sie im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sechs Flurstücke mit einer Größe von insgesamt 10,4092 ha auf ihre Tochter T, drei Flurstücke mit einer Größe von insgesamt 3,5093 ha einschließlich Gebäude auf ihren Enkelsohn ES und drei Flurstücke mit einer Größe von insgesamt 6,8131 ha auf ihre Enkeltochter ET.
Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Klägerin habe durch die unentgeltliche Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen auf drei verschiedene Erwerber ihren landwirtschaftlichen Betrieb aufgegeben. Das FA erließ daraufhin einen geänderten Einkommensteuerbescheid und besteuerte einen Aufgabegewinn.
Das FG gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage statt. Ruhe – wie im Streitfall – die landwirtschaftliche Tätigkeit, seien landwirtschaftliche Flächen von mehr als 3.000 qm als selbstständige Teilbetriebe anzusehen. Die Klägerin habe daher drei Teilbetriebe unentgeltlich übertragen, die die Übernehmer als ruhende landwirtschaftliche Betriebe fortgeführt hätten. Folglich sei eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG möglich.
Entscheidung
Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben. Das FG (FG Münster, Urteil vom 24.4.2015, 14 K 4172/12 E, Haufe-Index 8029446, EFG 2015, 1256) habe eine Betriebsaufgabe rechtsfehlerhaft verneint. Die Sache sei aber nicht entscheidungsreif und deshalb zurückzuverweisen. Denn das FG hat bislang keine Feststellungen zur Höhe des streitigen Betriebsaufgabegewinns getroffen.
Hinweis
1. Ein landwirtschaftlicher (Eigentums-)Betrieb wird mit der Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen an Dritte aufgegeben (BFH, Urteil in BFHE 228, 59, BStBl II 2010, 431). Denn der Grund und Boden ist für dessen Betriebsfortführung unerlässlich. Eine Betriebsaufgabe liegt daher insbesondere dann vor, wenn – wie vorliegend – im Wege vorweggenommener Erbfolge die Betriebsgrundstücke auf mehrere – nicht mitunternehmerschaftlich verbundene – Einzelrechtsnachfolger übertragen oder nach dem Tod des Betriebsinhabers auf die Erben aufgeteilt werden (BFH, Urteil vom 26.9.2013, IV R 16/10, BFH/NV 2014, 324; BFH, Urteil vom 14.7.2016, IV R 19/13, BFH/NV 2016, 1702).
2. T, ES und ET wurden mit den Grundstücksübertragungen – entgegen der Ansicht der Vorinstanz – auch keine Betriebe oder Teilbetriebe übertragen, die sie gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG zu Buchwerten hätten fortführen können. Denn die Klägerin unterhielt nur einen ruhenden Betrieb, der nicht aus mehreren Teilbetrieben bestand. Besteht der Betrieb in der Hand des Übertragenden nicht aus mehreren (Teil-)Betrieben, existiert nur eine übertragbare Sachgesamtheit. Es ist danach ausgeschlossen, dass den Übernehmenden jeweils (Teil-)Betriebe übertragen wurden (BFH, Urteil vom 14.7.2016, IV R 19/13, BFH/NV 2016, 1702).
Definition Teilbetrieb
Ein Teilbetrieb ist ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter, organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich allein lebensfähig ist. Diese Eigenständigkeit muss – sieht man vom sog. Aufbaubetrieb ab – tatsächlich gegeben sein. Dazu muss der Betriebsteil eine Untereinheit im Sinne eines selbstständigen Zweigbetriebs im Rahmen des Gesamtunternehmens bilden, die zudem als eigenes Unternehmen bestehen könnte (BFH, Urteil vom 9.11.1995, IV R 96/93, BFH/NV 1996, 316, m.w.N.).
3. Die die auf T, ES und ET übertragenen Grundstücke bildeten – entgegen der Rechtsansicht des FG – insbesondere nicht allein deshalb Teilbetriebe, weil ihre Größe jeweils 3.000 qm überstieg und sie für einen selbstständig existenzfähigen Betrieb ausreichende Betriebsflächen aufwiesen. Zwar liegt ein landwirtschaftlicher Betrieb in der Regel nicht vor, wenn die bewirtschafteten Grundstücksflächen insgesamt nicht größer als 3.000 qm sind, sofern es sich nicht um Intensivnutzungen für Sonderkulturen handelt, z.B. für Gemüse-, Blumen- und Zierpflanzenanbau, Baumschulen oder Weinbau (z.B. BFH, Urteil vom 5.5.2011, IV R 48/08, BFH/NV 2011, 1591, BFH/PR 2011, 430; BFH, Urteil vom 21.12.2016, IV R 45/13, BFH/NV 2017, 459; jeweils m.w.N.).
4. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass landwirtschaftliche Nutzflächen von mehr als 3.000 qm allein im Hinblick auf ihre Größe jeweils Teilbetriebe darstellen. Denn ein einzelnes Wirtschaftsgut, insbesondere ein landwirtschaftliches Grundstück, mag es auch wertvoll sein und mit zu den funktional wesentlichen Grundlagen eines Betriebs gehöre...