OFD Cottbus, Verfügung v. 17.06.1999, S 0337 - 1 - St 212
OFD Cottbus, Verfügung vom 31.07.1996, S 0337 – 1 – St 212
Hebt das Finanzamt im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung den Vorbehalt der Nachprüfung für die Lohnsteuer-Anmeldungen des Prüfungszeitraumes „ohne jede Bedingung und Einschränkung” auf, darf es nach dem BFH-Urteil vom 17.02.1995 (BFH, Urteil vom 17.02.1995, VI R 52/94, BStBl II 1995, 555) aufgrund der Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO den Arbeitgeber selbst dann nicht mehr als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen, wenn im Prüfungsbericht auf die Möglichkeit einer späteren Inanspruchnahme für den Fall hingewiesen wird, dass die Lohnsteuer von den Arbeitnehmern nicht gezahlt wird.
Um in derartigen Fällen den Eintritt der Änderungssperre verfahrensrechtlich auszuschließen, bitte ich künftig wie folgt zu verfahren:
Sollen vorrangig Arbeitnehmer für Teile der nachzufordernden Lohnsteuer in Anspruch genommen werden, so ist
- ein Haftungsbescheid (mit Leistungsgebot) über die unstreitig beim Arbeitgeber anzufordernden Beträge zu erlassen und
- ein weiterer – zunächst nicht mit einem Leistungsgebot versehener – Haftungsbescheid über diejenigen Beträge zu erlassen, die vorerst bei den Arbeitnehmern angefordert werden.
In dem zweiten Haftungsbescheid ist der Arbeitgeber darauf hinzuweisen, dass er diese festgesetzte Haftungsforderung vorerst nicht zu begleichen hat, weil insoweit vorrangig die Arbeitnehmer in Anspruch zu nehmen sind. Dieser Hinweis ist als abweichende Fälligkeitsbestimmung im Sinne des § 220 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz AO anzusehen, so dass die Haftungsforderung nicht bereits nach § 220 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz und Satz 2 AO mit Bekanntgabe des Haftungsbescheides fällig wird. Im Erhebungsverfahren unterbleibt deshalb zunächst die Sollstellung dieses Betrages beim Arbeitgeber.
Die Nachholung des Leistungsgebots ist innerhalb der fünfjährigen Zahlungsverjährung möglich. Die Zahlungsverjährung beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Haftungsbescheid bekanntgegeben wird (§ 229 Abs. 2 AO).
Es ist darauf zu achten, dass bei Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung für die Lohnsteuer-Anmeldungen beide Haftungsbescheide bekanntgegeben worden sind. Die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung sollte daher mit dem zuletzt ergehenden Haftungs- und Nachforderungsbescheid erfolgen.
Innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist ist zu überwachen, ob die Steuererhebung bei den Arbeitnehmern erfolgreich verläuft.
Soweit nur ein Teil der betroffenen Arbeitnehmer die festgesetzten Steuerbeträge gezahlt hat, ist der unter 2. gegen den Arbeitgeber ergangene Haftungsbescheid nach § 130 AO zu ändern und mit einem Leistungsgebot zu versehen. Im geänderten Haftungsbescheid sind nur noch die Steuerabzugsbeträge aufzunehmen, die durch die Arbeitnehmer nicht gezahlt wurden. Die Sollstellung in Höhe dieses Betrages ist von der LSt-Arbeitgeberstelle über die Buchhaltung 1 der Finanzkasse der Datenerfassung zuzuleiten.
Werden die festgesetzten Steuerbeträge von keinem der betroffenen Arbeitnehmer gezahlt, ist dem Arbeitgeber über den im Haftungsbescheid zu 2. enthaltenen Gesamtbetrag ein Leistungsgebot zu erteilen und zum Soll zu stellen.
Im Falle eines Einspruchs des Arbeitgebers gegen den unter 2. ergangenen Haftungsbescheid ist dieser gemäß § 361 Abs. 2 AO von der Vollziehung auszusetzen, bis ermittelt ist, ob die Arbeitnehmer ihre Lohnsteuer selbst zahlen können.
Sollte im Verlauf des Einspruchsverfahrens bekanntwerden, dass für einen oder mehrere Arbeitnehmer keine Lohnsteuer nachzuerheben ist, ist der Haftungsbescheid spätestens im Rahmen der Einspruchsentscheidung insoweit zu ändern, da der Arbeitgeber für diese Beträge nicht haftet.
Die im BFH-Urteil vom 17.02.1995 aufgezeigte erste Variante, wonach der gegenüber dem Arbeitgeber ergehende Haftungsbescheid zunächst nicht die bei den Arbeitnehmern angeforderten Steuerbeträge umfassen und die Lohnsteuer-Außenprüfung erst abgeschlossen werden soll, wenn feststeht, ob die bei den Arbeitnehmern angeforderten Beträge gezahlt werden, wird rechtlich nicht für zulässig angesehen, weil die Lohnsteuer-Außenprüfung grundsätzlich spätestens mit Erlass der auf den Prüfungsergebnissen beruhenden Nachforderungs- und Haftungsbescheide abgeschlossen ist.
Die Bezugsverfügung ist hiermit aufgehoben.
Normenkette
§ 164 AO