Leitsatz
Eine Aufrechnung einer Steuerforderung ist bereits vor der Bestandskraft des Steuerbescheids möglich, da es allein auf die Fälligkeit der Steuerforderung ankommt
Sachverhalt
Die Beteiligten stritten über die Zulässigkeit einer Aufrechnung, die durch das Finanzamt erklärt wurde. Ausgangspunkt des Rechtsstreits war, dass eine Option zur Umsatzsteuer nach § 9 UStG zunächst erklärt und später widerrufen wurde. Hierdurch kam es für das Jahr 1995 zunächst zur Erstattung von Vorsteuern aus einem Grundstückskauf i. H. v. rund 509 TDM.
Nach dem Verzicht auf die Option entstand eine Steuerforderung in gleicher Höhe. Über die Rechtmäßigkeit dieser Steuerforderung stritten die Parteien bis zum BFH, der schließlich entschied, hier sei der Verzicht auf die Option als eine Berichtigung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und nicht - wie von der Klägerin behauptet - nach § 17 UStG vorzunehmen.
Folge dieser abweichenden rechtlichen Würdigung sei, dass nicht die Umsatzsteuer 1995, sondern 1992 (Jahr des Erwerbs des Grundstücks)zu berichtigen sei. Dem folgend berichtige das Finanzamt die Umsatzsteuer 1992 sowie 1995 und verrechnete in einem Abrechnungsbescheid die Steuerforderung 1992 mit der nunmehrigen Erstattung 1995.
Gegen die Änderungen wandte sich der Kläger erneut, bis schließlich der BFH dieses Ansinnen in 2008 endgültig zurückwies. Bereits 2006 erließ das Finanzamt einen Abrechnungsbescheid, in dem die Verrechnung erklärt wurde. Nunmehr wandte sich der Kläger gegen diesen. Zur Begründung führte er vor allem an, eine Änderung der Steuer 1995 sei nicht zulässig, da keine Korrekturbestimmung erfüllt sei.
Entscheidung
Das FG wies die Klage ab. Es führte kurz und knapp aus, dass hier zweifellos eine Aufrechnung durch das Finanzamt zulässig gewesen sei. Auf die Frage, ob hier eine Korrekturnorm gegeben sei, ist es dabei nicht eingegangen, da dies Gegenstand des Parallelverfahrens gewesen ist. Zweifellos sei es zulässig, dass auch bereits vor einer Bestandskraft einer Steuerforderung eine Aufrechnung durch das Finanzamt erfolgen könne. Erforderlich sei allein die Fälligkeit der Steuerforderung, was hier unzweifelhaft der Fall gewesen ist.
Hinweis
Die Entscheidung verwundert nicht. Bereits in seinen Urteilen vom 17.9.1987 und vom 31.8.1995 hat er BFH deutlich gemacht, dass die Fälligkeit der Steuerforderung das maßgebliche Kriterium für eine Aufrechnung darstellt. Nicht erforderlich ist bei einer Aufrechnung durch den Steuergläubiger die Bestandskraft der Forderung (hierzu auch Frotscher in Schwarz, AO, § 226 AO Tz. 17ff.).
Wird hingegen die Forderung gestundet oder eine Aussetzung der Vollziehung gewährt, ist eine Aufrechnung nicht zulässig, da dann keine Fälligkeit besteht. Die übrigen Voraussetzungen der Aufrechnung nach der AO waren hier offensichtlich gegeben (s. a. Frotscher, in Schwarz, AO, § 226 AO Tz. 4 ff.).
Das Verfahren ist rechtskräftig.
Link zur Entscheidung
Sächsisches FG, Urteil vom 19.05.2009, 2 K 901/07