Leitsatz
Unterzieht sich eine Stpfl. die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt und die weder auf natürlichem Weg noch durch Insemination empfangen kann einer Sterilitätsbehandlung im Form einer In vitro Fertilisation (IVF) im Rahmen einer heterologen Insemination (Fremdsamenspende) so sind die Aufwendungen, soweit sie sich auf die krankheitsbedingte Empfängnisunfähigkeit beziehen als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.
Sachverhalt
Da die Klägerin weder auf natürlichem Weg noch durch Insemination empfangen kann, unterzog sie sich im Streitjahr einer Sterilitätsbehandlung in Form einer IVF im Rahmen einer heterologen Insemination. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen für die künstliche Befruchtung nicht als außergewöhnliche Belastung an, weil es sich um eine Fremdsamenspende gehandelt habe und damit die IVF nicht nach den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnung erfolgt sei (BFH, Urteil v. 10.5.2007, III R 47/05 BStBl 2007 II S. 871). Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass nach der o.a. Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Aufwendungen einer nicht verheirateten Frau für Maßnahmen zur Sterilitätsbehandlung durch so genannte IVF als außergewöhnliche Belastung abziehbar seien, wenn die Maßnahmen in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnung vorgenommen würden. Der Kinderwunsch könne nur durch eine künstliche Befruchtung erfüllt werden. Diese Zwangslage sei nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ausreichend, um den Abzug als außergewöhnliche Belastung zu gewähren.
Entscheidung
Die bei der Klägerin diagnostizierte Empfängnisunfähigkeit stellt eine Krankheit dar, deren Behandlungskosten grundsätzlich nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind. Die Aufwendungen für die hormonelle Stimulation der Eierstöcke und anschließende Entnahme von Eizellen zur Durchführung der IVF stellen nach Auffassung des Senats krankheitsbedingte und somit nach § 33 EStG abzugsfähige Aufwendungen dar. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass insoweit der zur Schwangerschaft führen sollende medizinisch einheitliche Vorgang, nämlich hormonelle Stimulierung der Eierstöcke, Entnahme von Eizellen und anschließende extrakorporale Befruchtung mit anschließender Wiedereinsetzung der befruchteten Eizelle, zumindest medizinisch gesehen - eine künstliche Aufspaltung dieses Vorganges darstellt. Das Finanzgericht hält es jedoch für geboten, die mit der Fremdsamenspende in Zusammenhang stehenden Kosten herauszurechnen, da diese nicht zwangsläufig entstanden sind.
Hinweis
Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. In dem Verfahren VI R 2/17 muss nun der Bundesfinanzhof entscheiden.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 15.11.2016, 9 K 1718/13