Leitsatz
1. Ob zwischen dem Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen und der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ein konkreter Zusammenhang besteht, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen.
2. Aufwendungen für einen Sprachkurs können insbesondere dann beruflich veranlasst sein, wenn bereits die nächste Stufe des beruflichen Fortkommens des Steuerpflichtigen Fremdsprachenkenntnisse erfordert.
3. Auch wenn der Sprachkurs nur Grundkenntnisse vermittelt, die vom Steuerpflichtigen angestrebte berufliche Tätigkeit jedoch qualifizierte Fremdsprachenkenntnisse erfordert, können die Aufwendungen für den Sprachkurs Werbungskosten sein.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG
Sachverhalt
Der Kläger arbeitete als Maschinenbautechniker in der deutschen Produktionsstätte eines französischen Konzerns. Für den Aufstieg zum CAD-Techniker und im Vorgriff auf einen geplanten Aufstieg zum Logistikleiter absolvierte der Kläger einen Französisch-Grundkurs. Die Kosten in Höhe von 1800 DM erkannte das FA nicht als Werbungskosten an. Die Klage blieb gleichfalls erfolglos.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Es sei bereits dann ein konkreter sachlicher Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Französischkenntnisse und der vom Kläger angestrebten Tätigkeit eines qualifizierten CAD-Technikers anzunehmen, sofern die Behauptung des Klägers zutreffe, er habe wöchentlich mindestens einmal an Besprechungen in französischer Sprache teilnehmen müssen. Dem FG wurde aufgegeben zu prüfen, ob dies der Fall gewesen sei.
Hinweis
Die vorstehende Entscheidung ist in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Sie erleichtert – unter Änderung der bisherigen Rechtsprechung – die Berücksichtigung beruflich veranlasster Fremdsprachenkurse. Die Besprechungsentscheidung beachtet ferner die Veränderungen in einer nicht national begrenzten Arbeitswelt.
1. Im Urteil vom 26.11.1993, VI R 67/91, BStBl II 1994, 248 hatte der BFH noch ausgeführt, ein ausreichender Bezug zur Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen könne jedenfalls so lange nicht angenommen werden, als der subjektive Wunsch nach einer beruflichen Tätigkeit sich nicht durch eine Bewerbung hinreichend konkretisiert habe.
Von diesem Kriterium ist der BFH nunmehr abgerückt. Die berufliche Veranlassung des Erwerbs von Sprachkenntnissen kann nicht allein mit der Begründung abgelehnt werden, der Steuerpflichtige habe sich noch nicht um die angestrebte Stelle beworben. Einer Bewerbung kann zwar eine indizielle Bedeutung dafür zukommen, dass das Erlernen einer Fremdsprache beruflich veranlasst ist. Auf eine – wegen fehlender Fremdsprachenkenntnisse – von vornherein erfolglose Bewerbung kann indes nicht abgestellt werden.
2. Nach bisheriger Rechtsprechung scheiterte die Anerkennung von Kosten für Fremdsprachen-Grundkurse häufig schon an dem Argument, die Aufwendungen beträfen auch die allgemeine Lebensführung i.S.d. § 12 Nr. 1 EStG. Die Besprechungsentscheidung verzichtet zutreffend auf diesbezügliche Ausführungen. Stattdessen sieht der BFH eine berufliche Veranlassung für den Erwerb der Fremdsprachenkenntnisse jedenfalls dann als gegeben an, wenn diese Kenntnisse für die – als nächste angestrebte, höher qualifizierte – berufliche Betätigung erforderlich sind. Braucht der Steuerpflichtige die Fremdsprachenkenntnisse für seinen beruflichen Aufstieg, so ist eine berufliche Veranlassung anzunehmen.
3. Entgegen bisheriger Rechtsprechung ist im Übrigen nicht von Belang, ob es sich um eine gängige Fremdsprache handelt oder um eine weniger gebräuchliche. Zwar kann eine gängige Fremdsprache regelmäßig auch für die private Lebensführung genutzt werden. Liegt aufgrund der konkreten Umstände des Falls aber eine berufliche Veranlassung vor, so wird diese Wertung nicht durch die Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG in Frage gestellt. Im Übrigen besteht auch keine Vermutung, dass der Erwerb einer weniger gebräuchlichen Fremdsprache eher beruflich veranlasst sein kann.
4. Die Besprechungsentscheidung erweitert die Abzugsmöglichkeit von Kosten für Lehrgänge, die Grundkenntnisse in einer Fremdsprache vermitteln. Zutreffend wird nunmehr darauf abgestellt, dass ohne Grundkenntnisse auch keine qualifizierten Fremdsprachenkenntnisse erworben werden können. Sind für die angestrebte Tätigkeit qualifizierte Fremdsprachenkenntnisse nötig, sind auch die Kosten für den Grundkurs regelmäßig als Werbungskosten anzuerkennen.
5. Der BFH betonte letztlich, es bedürfe einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, ob zwischen dem Fremdsprachenkurs und der Berufstätigkeit ein konkreter Zusammenhang besteht. Ungeachtet der Amtsermittlungspflicht des FG obliegt es demnach in erster Linie dem Steuerpflichtigen, den einschlägigen Sachverhalt ausführlich und vollständig schon vor dem Tatrichter darzulegen und nachzuweisen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.4.2002, VI R 46/01