Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, müssen ihre sich aus § 22 UStG ergebenden Aufzeichnungspflichten erfüllen und dafür Sorge tragen, dass der Nachvollzug der vollständigen Betriebseinnahmen anhand geeigneter Aufzeichnungen möglich ist.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige erzielte gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb eines Kiosks, die er durch Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelte. Im Rahmen einer Außenprüfung war es nicht möglich, die Tageseinnahmen anhand von Aufzeichnungen und Belegen nachzuvollziehen. Die erklärten Umsätze und Gewinne wurden daher um Sicherheitszuschläge im Schätzungswege erhöht. Im Einspruchsverfahren trug der Steuerpflichtige vor, bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sei weder ein Kassenbuch zu führen noch ein Kassenbericht zu erstellen. Deshalb könnten Fehler in den freiwillig erstellten Kassenberichten nicht zu seinen Lasten gehen.
Entscheidung
Das FG bestätigte die Rechtmäßigkeit der vorgenommenen Zuschätzungen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Zwar enthält § 4 Abs. 3 EStG weder eine Verpflichtung zur Aufzeichnung der Einnahmen und/oder der Betriebsausgaben noch eine Verpflichtung zur Führung eines Kassenbuchs. Allerdings müssen die Aufzeichnungen so geführt werden, dass sie dem konkreten Besteuerungszweck entsprechen (§ 146 Abs. 5 AO). Eine ordnungsgemäße Überschussrechnung setzt daher voraus, dass die Höhe der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen wird. Entsprechend sind daher auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die Bareinnahmen und Barausgaben täglich aufzuzeichnen. Wird kein Kassenbuch geführt, kann die Vollständigkeit der Aufzeichnungen durch eine geordnete Belegablage dokumentiert werden, wenn die Aufzeichnungen dann ebenfalls so geführt werden, dass sie dem konkreten Besteuerungszweck genügen. Eine andere Möglichkeit ist die Aufzeichnung der Tageseinnahmen in einer Summe mit gleichzeitigem Nachweis durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons. Letztlich können die Bareinnahmen auch anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden, in dem sie mit dem Anfangs - und Endbestand der Kasse abgestimmt werden. In diesem Fall ist dann die Aufbewahrung der Kassenstreifen entbehrlich. Im Streitfall lagen zwar fortlaufende Kassenberichte vor, jedoch waren die Aufzeichnungen in sich inkonsistent und teilweise widersprüchlich, so dass sie nach Auffassung des FG keine Gewähr dafür boten, dass die Tageseinnahmen auch in zutreffender Höhe erfasst waren.
Hinweis
Die Entscheidung macht deutlich, dass die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für den Steuerpflichtigen kein Freibrief insbesondere hinsichtlich des Nachweises der insgesamt vereinnahmten Betriebseinnahmen ist. So hat es z. B. das FG des Saarlandes, Urteil v. 13.1.2010, 1 K 1101/05, EFG 2010 S. 772 abgelehnt, eine bloße handschriftliche Liste der täglichen Umsätze ohne Aufbewahrung weiterer Belege als ordnungsgemäße Aufzeichnung der Betriebseinnahmen anzuerkennen. Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Überschussrechnung ermitteln, tun daher gut daran, sich an die Aufzeichnungserfordernisse zu halten, die das FG aufgezeigt hat, um Zuschätzungen seitens der Finanzverwaltung von vornherein zu vermeiden.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 08.12.2011, 12 K 389/09