Leitsatz
Bei der Frage, ob es sich um erstmalige Berufsausbildungs- oder Fortbildungskosten handelt, ist nicht maßgeblich, ob der bisherige Beruf durch eine Ausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgangs erlernt und durch eine Prüfung abgeschlossen wurde (gegen BMF, Schreiben v. 4.11.2005, BStBl 2005 I S. 955).
Sachverhalt
Der Kläger war seit Juni 2001 als Assistent Aviation Information Analyst beschäftigt und bezog Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Gegenstand seiner Tätigkeit war die Erneuerung und Anpassung von Navigationsdaten für Flugzeuge, wobei es sich hierbei um keinen klassischen Ausbildungsberuf handelte. Ab dem Jahr 2003 hatte sich der Kläger unter Gewährung von unbezahltem Sonderurlaub zum Verkehrsflugzeugführer ausbilden lassen und machte die Kosten für die Ausbildung zum Piloten in Höhe von 38.941 EUR als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug, da es sich nach seiner Auffassung bei dem Beruf des Assistent Information Analyst nicht um einen Ausbildungsberuf handele und es sich bei der Pilotenausbildung um die Erstausbildung des Klägers gehandelt habe.
Entscheidung
Das FG hat den Begriff der Berufsausbildung i.S.d. § 12 Nr. 5 EStG zu Gunsten des Klägers so definiert, dass als erste Berufsausbildung des Erlernen der Grundlagen eines Berufs anzusehen ist, wenn mit diesem Beruf eine selbstständige und gesicherte Position im Berufsleben erreicht werden soll. Da die Tätigkeit als Assistent Aviation Information Analyst dies ermöglicht, hat das FG die Aufwendungen für die Pilotenausbildung als Werbungskosten anerkannt. Auch die Höhe des vom Kläger als Assistent Aviation Information Analyst erzielten Jahresbruttoarbeitslohns belegt, dass er hiermit auch einen Beruf und nicht nur eine bloße Tätigkeit ausgeübt hatte. Nach Auffassung des FG liegt eine Berufsausbildung im Sinne des Steuerrechts nicht nur vor, wenn der Steuerpflichtige im Dualen System oder innerbetrieblich Berufsbildungsmaßnahmen durchläuft. Allein maßgebend kann nur sein, ob die Ausbildung auch berufsbezogen ist und eine Voraussetzung für die geplante Berufsausübung darstellt. Das ist nach Überzeugung des FG bei dem zugrunde gelegten Anforderungsprofil eines Assistent Aviation Information Analyst der Fall.
Hinweis
Die von dem FG zugelassene Revision wurde eingelegt und wurde bei dem BFH unter dem Az. VI R 32/10 geführt. Diese Revision wurde jedoch von der Finanzverwaltung zurück genommen, vermutlich um eine positive Entscheidung des BFH zu verhindern. Wird in Fällen einer "kurzen" Ausbildung der Werbungskostenabzug für die Kosten eines nachfolgenden Erststudiums versagt, sollte dagegen trotzdem Einspruch eingelegt und unter Hinweis auf die gegen das Urteil des FG Münster vom 6.5.2010 (3 K 3347/07 F) eingelegte Revision VI R 32/10 das Ruhen des Verfahrens beantragt werden (siehe auch Kommentierung zu diesem Urteil).
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.03.2010, 4 K 1127/07