Ewald Dötsch, Prof. Dr. Franz Dötsch
Leitsatz
Wird einer GmbH durch einen nahen Angehörigen eines wesentlich beteiligten Gesellschafters ein Darlehen gewährt und kann die GmbH das Darlehen wegen Vermögenslosigkeit nicht zurückzahlen, kann der Wertverlust der Darlehensforderung bei der Ermittlung des Auflösungsgewinns des wesentlich beteiligten Gesellschafters nicht als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung berücksichtigt werden.
Normenkette
§ 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes E. Die Ehegatten waren für das Streitjahr 1987 zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen. E war mit 50 % an der X-GmbH beteiligt. Die GmbH, die in den Jahren 1979 bis 1985 stets Verluste erzielte, stellte ihren Betrieb zum 31.12.1985 ein und wurde am 1.1.1986 aufgelöst. Die Abwicklung war Ende Oktober 1987 abgeschlossen. In den Bilanzen der GmbH zum 31.12.1983 bis 31.12.1987 waren ihr von der Klägerin gewährte (zinslose) Darlehen passiviert.
Im Streitjahr 1987 machten die Eheleute einen Auflösungsverlust i.S.v. § 17 Abs. 4 EStG des E geltend, in den sie auch den Ausfall der von der Klägerin der GmbH gewährten Darlehen i.H. v. rd. 70000 DM einbezogen hatten. Das Finanzamt versagte insoweit den Abzug. Klage und Revision der Klägerin blieben in diesem Punkt erfolglos.
Entscheidung
Als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. v. § 17 Abs. 2 EStG kommen nach ständiger Rechtsprechung des BFH zwar auch Verluste in Betracht, die der Gesellschafter aus einem der Gesellschaft gewährten Darlehen erleidet, wenn die Hingabe des Darlehens durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, d.h. wenn es sich um ein eigenkapitalersetzendes Darlehen handelt (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 24.4.1997, VIII R 23/93, BStBl II 1999, 542). Jedoch kann der Steuerpflichtige (wesentlich beteiligte Gesellschafter) grundsätzlich nur solche Aufwendungen bei der Einkünfteermittlung abziehen, die er persönlich getragen hat (vgl. BFH, Beschluss vom 25.8.1999, GrS 2/97, BStBl II 1999, 782). Aufwendungen des Nichtgesellschafter-Ehegatten auf die wesentliche Beteiligung des anderen Ehegatten können den Veräußerungsgewinn i.S.v. § 17 EStG grundsätzlich nicht mindern.
Die Aufwendungen des Dritten (z.B. Ehegatten) sind allerdings dem Steuerpflichtigen als eigene zuzurechnen, wenn es sich dabei nur um eine Abkürzung des Zahlungswegs handelt. Darunter versteht die Rechtsprechung die Zuwendung eines Geldbetrags an den Steuerpflichtigen in der Weise, dass ein Dritter im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen dessen Schuld tilgt (§ 267 BGB), anstatt ihm den Geldbetrag unmittelbar zuzuwenden (BFH, Beschluss vom 25.8.1999, a.a.O.). Ein Fall der Abkürzung des Zahlungswegs liegt im Streitfall nicht vor, da die Klägerin mit der Hingabe der Darlehensvaluta nicht eine Verpflichtung des E, sondern eine eigene Schuld erfüllt hat.
Den Verlust der Darlehensforderung der Klägerin kann E auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Abkürzung des Vertragswegs als eigenen Aufwand bei der Ermittlung des Liquidationsverlusts geltend machen. Ein abgekürzter Vertragsweg liegt vor, wenn der Dritte im eigenen Namen für den Steuerpflichtigen einen Vertrag abschließt und auch selbst die geschuldete Leistung erbringt, um dem Steuerpflichtigen etwas zuzuwenden. Daran fehlt es hier.
Eine Berücksichtigung des Wertverlusts der Darlehensforderung der Klägerin ist auch deshalb ausgeschlossen, weil das Darlehen nicht den gesellschaftsrechtlichen Bindungen des Eigenkapitalersatzrechts unterlag. Normadressaten des Eigenkapitalersatzrechts sind grundsätzlich nur die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft. Kreditgeber, die nicht Gesellschafter sind, unterliegen den Normen des Eigenkapitalersatzrechts nur dann, wenn ihre Finanzierungshilfe an die Gesellschaft wirtschaftlich derjenigen durch den Gesellschafter selbst entspricht (§ 32 Abs. 3 GmbHG). Dies ist im Streitfall zu verneinen (wird näher begründet).
Hinweis
1. Im Streitfall scheiterte der Abzug des Darlehensausfalls als nachträgliche Anschaffungskosten des wesentlich beteiligten Gesellschafters i.S. v. § 17 EStG gleich an zwei voneinander unabhängigen Hürden: Zum Ersten handelte es sich um einen nicht beim Gesellschafter abziehbaren Drittaufwand, nämlich um Aufwand seiner Ehefrau, die nicht Gesellschafterin der GmbH war. Zum Zweiten fehlte es auch an der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Darlehensgewährung durch den Nichtgesellschafter-Ehegatten, weil die (zivilrechtlichen) Regeln des Eigenkapitalersatzrechts nicht eingreifen.
2. Die Ehegatten hätten dieses für sie nachteilige Ergebnis durch eine andere Gestaltung vermeiden können, indem sie folgenden zweistufigen Weg beschritten hätten:
(1) Gewährung des Darlehens durch die Ehefrau (Nichtgesellschafterin) an ihren Mann (Gesellschafter) und
(2) sodann Gewährung eines Darlehens in gleicher Höhe durch den Ehemann an seine GmbH.
Einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten wird man m.E. in diesen Schritten nicht sehen können.
Bei dieser Gestaltung hätte der Ausfall der Darlehensforderung des ...