Leitsatz
1. Eine Ausgleichszahlung für den Ausschluss des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs konnte im Jahre 2006 bei dem Verpflichteten steuerlich nicht berücksichtigt werden.
2. Eine Ausgleichszahlung für den Ausschluss des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs im Wege des Splittings oder des Quasi-Splittings war im Jahre 2006 bei dem Verpflichteten dem Grunde nach als Werbungskosten abziehbar. Die für die Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen begründete Rechtsprechung ist auf alle Formen des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs anwendbar.
3. Der Werbungskostenabzug einer Ausgleichszahlung ist nur insoweit möglich, bis der sozialversicherungsrechtliche Höchstausgleich erreicht wird.
4. Er ist zusätzlich begrenzt auf den künftig der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente bei Rentenbeginn.
Normenkette
§ 3c Abs. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 2 Buchst. a, § 19, § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, Doppelbuchst. bb, § 33 EStG, § 1587a, § 1587b, § 1587f, § 1587o BGB a.F., § 1 Abs. 2, Abs. 3, § 2, § 3b VAHRG, § 76 SGB VI, § 57 BeamtVG
Sachverhalt
Der Kläger war angestellter Rechtsanwalt. Er hatte Versorgungsanwartschaften aus dem Rechtsanwaltsversorgungswerk und aus einer betrieblichen Versorgungszusage erworben, die im Falle eines Versorgungsausgleichs die Realteilung nicht zuließen.
Der Kläger wurde im Streitjahr 2006 von B geschieden. Die Eheleute gingen davon aus, dass B ein Versorgungsausgleich i.H.v. 787 EUR zustand. Weil sie darauf verzichtete, hatte der Kläger knapp 100.000 EUR als Gegenleistung an B zu zahlen. Hiervon machte er ca. 10.000 EUR als Werbungskosten geltend.
Den Steuerabzug lehnten sowohl das FA als auch das FG ab (FG Köln, Urteil vom 26.3.2014, 7 K 1037/12, Haufe-Index 7016732, EFG 2014, 1470).
Entscheidung
Die Revision des Klägers war zum Teil begründet. Die Abfindungszahlung konnte mit einem Teilbetrag von ca. 8.600 EUR als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften des Klägers abgezogen werden.
Hinweis
Dieses Urteil, das zur bis 2014 geltenden Rechtslage ergangen ist, ist im Zusammenhang mit dem zeitgleichen Urteil (BFH, Urteil vom 23.11.2016, X R 48/14, BStBl II 2017, 383, BFH/NV 2017, 659, BFH/PR 2017, 188) zu sehen. Während das Besprechungsurteil die steuerliche Abziehbarkeit einer Zahlung zur Abfindung des Versorgungsausgleichs beim Verpflichteten zum Inhalt hat, ging es in dem Urteil X R 48/14 um die korrespondierende Frage der Steuerbarkeit der erhaltenen Ausgleichsleistung. Da sich die zugrunde liegenden Maßstäbe entsprechen, kann insoweit auf die Kommentierung in BFH/PR 2017, 188 verwiesen werden.
1. Der zu einem Versorgungsausgleich Verpflichtete kann seine Zahlungen, die er aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs leistet, steuerlich nicht abziehen. Hierzu gehören auch die Zahlungen, die den Versorgungsausgleich hinsichtlich von Betriebsrenten abfinden.
2. Demgegenüber sind Abfindungszahlungen aufgrund des analogen Quasi-Splittings, die den Versorgungsausgleich gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG hinsichtlich der Ansprüche gegen ein öffentlich-rechtliches Versorgungswerk ausschließen, dem Grunde nach vorweggenommene Werbungskosten und bei den sonstigen Einkünften aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG abziehbar.
3. Die Höhe des Abzugs ist jedoch in zweifacher Hinsicht begrenzt:
a) Zunächst reicht die Abziehbarkeit nur so weit, wie die Ansprüche gegen das Versorgungswerk im Falle der Durchführung des Versorgungsausgleichs tatsächlich im Wege des § 1 Abs. 3 VAHRG durch Begründung von Rentenansprüchen in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen worden wären. Dieser Ausgleich kann nur bis zu dem Höchstbetrag gemäß § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI stattfinden. Das bedeutet, dass der Ausgleichsverpflichtete den Verlust der Versorgungsbezüge grundsätzlich nur bis zu diesem Höchstbetrag zu befürchten hat.
Die Verhinderung der drohenden Einbuße bei den Versorgungsbezügen ist aber der maßgebende Grund für die Werbungskosteneigenschaft einer Abfindungszahlung. Folgerichtig ist die Abfindungszahlung, soweit sie sich auf die Versorgungsansprüche gegen ein Versorgungswerk bezieht, ihrerseits wiederum nur abziehbar, bis dieser Höchstbetrag erreicht wird.
b) Zudem kann die Abfindungszahlung so lange nicht vollständig abgezogen werden, wie die späteren Versorgungsbezüge des Ausgleichsverpflichteten nicht zu 100 % steuerpflichtig sind. Sie ist nur mit demjenigen Teil abziehbar, der dem künftigen der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente bei Rentenbeginn i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG entspricht.
Dabei ist für die Ermittlung des voraussichtlichen Besteuerungsanteils das regelmäßige Renteneintrittsalter des jeweiligen Versorgungssystems maßgebend.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.11.2016 – X R 41/14