4.2.1 Steuerrechtliche Rechnungslegung der deutschen Spitzeneinheit
Rz. 69
Der Gewinn der Auslandskapitalgesellschaft hat nur dann Auswirkungen auf die steuerrechtliche Rechnungslegung der deutschen Spitzeneinheit, sofern er an diese ausgeschüttet wird. Diese Gewinnausschüttung ist aufgrund der angenommenen gewerblich tätigen deutschen Spitzeneinheit deren Einkünften aus Gewerbebetrieb gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zuzuordnen. Die Einkünfteermittlung basiert daher regelmäßig auf dem vollständigen Betriebsvermögensvergleich (§ 5 EStG); für Kleingewerbetreibende kann auch eine Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) in Frage kommen. Die Vorgehensweise unterscheidet sich grundsätzlich nicht von der steuerrechtlichen Rechnungslegung eines gewerblich tätigen Unternehmens ohne Auslandsbezug, sodass auf diese verwiesen werden kann.
Rz. 70
Ein (direkter) Abzug von Verlusten aus Auslandskapitalgesellschaften bei der Ermittlung der Einkünfte der deutschen Spitzeneinheit ist aufgrund der Abschirmwirkung ausgeschlossen. Im Falle nachhaltiger Verluste kann eine indirekte Berücksichtigung im Rahmen der handels- bzw. steuerrechtlichen Gewinnermittlung erfolgen: Handelsrechtlich besteht bei voraussichtlich dauernder Wertminderung die Pflicht zur außerplanmäßigen Abschreibung gem. § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB; die korrespondierende steuerrechtliche Teilwertabschreibung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG kann allerdings beschränkt oder ausgeschlossen sein.
4.2.2 Quellenbesteuerung der Gewinnausschüttung an die deutsche Spitzeneinheit
Rz. 71
Die deutsche Spitzeneinheit unterliegt im Ausland regelmäßig der beschränkten Steuerpflicht. Daher erheben zahlreiche ausländische Staaten auf Einkünfte, die der deutschen Spitzeneinheit grenzüberschreitend zugehen, unterschiedliche Quellensteuern. Neben Quellensteuern auf Zinsen und Lizenzgebühren (Entgelte für die Überlassung von Fremdkapital oder immaterielles Vermögen) werden auch Quellensteuern auf grenzüberschreitende Gewinnausschüttungen (Dividenden) als Entgelt aus der Überlassung von Eigenkapital erhoben.
Rz. 72
Abbildung 8 gibt einen weltweiten Überblick über die maximal erhobene nationale Quellensteuer auf Dividenden. Diese umfasst zum einen alle Länder, mit denen ein "Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und ... zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen ... auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen" (im Folgenden kurz: DBA) besteht ("DBA-Staaten"); dabei handelt es sich um die nationalen Regelsätze, in Ausnahmefällen, z. B. bei nicht kooperierenden Ländern, können diese wesentlich höher liegen. Zum anderen wird für Nicht-DBA-Staaten und -Gebiete (DBA besteht nicht, wurde nicht verlängert oder ist in Verhandlung) angezeigt, ob eine Quellensteuer erhoben wird oder nicht.
Rz. 73
Es zeigt sich, dass
einige DBA-Staaten
- auf die Erhebung einer Quellensteuer ganz verzichten: Iran, Irland, Kosovo, Kuwait, Liechtenstein, Malaysia, Mauritius, Singapur, Sri Lanka, Syrien, Vereinigtes Königreich, Zypern,
- eine maximale Quellensteuer von 5 bis 8 % erheben: Albanien, Argentinien, Armenien, Bulgarien, Estland, Ghana, Georgien, Griechenland, Moldau, Rumänien, Slowakei, Ukraine, Ungarn, Uruguay, Vietnam,
- eine maximale Quellensteuer von 10 % erheben: Ägypten, Aserbaidschan, Bosnien Herzegowina, Ecuador, Kirgisistan, Kroatien, Mexiko, Nordmazedonien, Taiwan, Thailand, Trinidad und Tobago, Türkei, Tunesien, Turkmenistan, Usbekistan,
- eine maximale Quellensteuer von 12 bis 13 % erheben: Belarus, Bolivien, Frankreich, Tadschikistan,
- eine maximale Quellensteuer von 15 % erheben: Algerien, Costa Rica, Elfenbeinküste, Kasachstan, Kenia, Liberia, Litauen, Luxemburg, Malta, Marokko, Montenegro, Niederlande, Russland, Serbien, Simbabwe, Tschechische Republik,
- eine maximale Quellensteuer von 19 bis 22 % erheben: China, Indien, Indonesien, Island, Japan, Lettland, Mongolei, Namibia, Polen, Sambia, Südafrika, Südkorea, Spanien,
- eine maximale Quellensteuer von 25 bis 28 % erheben: Dänemark, Italien, Jamaika, Kanada, Norwegen, Österreich, Pakistan, Philippinen, Portugal, Slowenien,
- eine maximale Quellensteuer von 30 % erheben: Australien, Bangladesch, Belgien, Israel, Neuseeland, Schweden, Vereinigte Staaten,
- eine maximale Quellensteuer von 34 bis 35 % erheben: Finnland, Schweiz, Venezuela,
- 48 Nicht-DBA-Staaten oder -Gebiete keine und 88 eine Quellensteuer erheben. Die Höhe der Quellensteuer muss weitgehend individuell recherchiert werden; Aruba beispielsweise erhebt eine Quellensteuer von 0 bis 10 %, Chile von 35 %, Grönland von 44 %, Panama von 5 bis 20 % und Ruanda von 15 %.
Infographic
Abb. 8 Maximal erhobene nationale Quellensteuer auf Dividenden
Rz. 74
Abweichend von den allgemeinen nationalen Quellensteuern auf Dividenden sehen DBA eine Reduktion der Quellensteuer vor. So wird die Quellensteuer von Spitzeneinheiten in der Rechtsform des Einzelkaufmanns und der (nicht haftungsbeschränkten) Personenhandelsgesellschaft regelmäßig auf 15 % gemindert; gleiches gilt auch für Streubesitz unter 25 % b...