Rz. 86
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt jeder (stehende) Gewerbebetrieb, soweit er im Inland, also Deutschland, betrieben wird, der Gewerbesteuer; die gewerblich tätige Spitzeneinheit in der Rechtsform des Einzelkaufmanns bzw. der Personenhandelsgesellschaften ist ein Gewerbebetrieb kraft Betätigung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG), der Kapitalgesellschaft kraft Rechtsform (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG). Der für die Besteuerung relevante Gewerbeertrag des Gewerbebetriebs wird unter Berücksichtigung von Hinzurechnungen, Kürzungen, früherer Gewerbeverluste und ggf. eines Freibetrags aus dem nach den einkommen- bzw. körperschaftsteuerlichen Vorschriften ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb berechnet; unter Anwendung der Steuermeßzahl von 3,5 % und des Hebesatzes der Gemeinde der Spitzeneinheit ergibt sich die relevante Gewerbesteuer.
Rz. 87
Beträgt die seit Beginn des Geschäftsjahrs gehaltene Beteiligung an der Auslandskapitalgesellschaft mindestens 15 % des Nennkapitals, führt das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg bei einkommensteuerpflichtigen Spitzeneinheiten zur vollständigen, bei körperschaftsteuerpflichtigen zur 95 %igen gewerbesteuerlichen Dividendenfreistellung, wobei diese auf unterschiedlichen Wegen erreicht wird. Ausgehend von einer handelsrechtlich identischen Behandlung, bei der die Dividendenerträge und zugehörige Aufwendungen bei allen betrachteten Ausprägungen der Spitzeneinheit vollständig erfasst werden, erfolgt die steuerliche Behandlung rechtsformabhängig wie folgt:
- Einzelkaufmann/(nicht haftungsbeschränkte) Personenhandelsgesellschaft: Im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens werden einkommensteuerlich 40 % der Dividenden außerbilanziell freigestellt und abgezogen, entsprechend 40 % der Betriebsausgaben hinzugerechnet; dies gilt auch für die Ermittlung des Gewerbeetrags (§ 7 Satz 4 GewStG). Gewerbesteuerlich werden dann die (verbleibenden) 60 % der Dividenden – gemindert um die einkommensteuerlich unberücksichtigten 60 % der Betriebsausgaben (§ 9 Nr. 7 Satz 2 i. V. m. Nr. 2a Satz 3 GewStG) – außerbilanziell gekürzt (§ 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG); im Ergebnis sind die Dividenden zu 100 % gewerbesteuerlich freigestellt, der Abzug der entsprechenden Betriebsausgaben ist vollumfänglich annuliert.
- Kapitalgesellschaft: Körperschaftsteuerlich werden die Dividendenbezüge praktisch zu 95 % außerbilanziell abgezogen (100 % Freistellung abzgl. 5 % pauschale nichtabzugsfähige Betriebsausgabe), der zugehörigen Betriebsausgaben sind vollständig gewinnmindernd. Gewerbesteuerlich erfolgt keine weitere Anpassung, da die vollständig freigestellten Dividenden nicht in der Ausgangsgröße "Gewinn aus Gewerbebetrieb" zur Ermittlung des Gewerbeertrags enthalten sind, zudem die körperschaftsteuerlich 5 % nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 9 Nr. 7 Satz 2 i. V. m. Nr. 2a Satz 4 GewStG nicht als zu kürzender Gewinnanteil angesehen werden. Im Ergebnis sind die Dividenden zu 95 % gewerbesteuerlich freigestellt, der Betriebsausgabenabzug wird uneingeschränkt gewährt.
Rz. 88
Bei Beteiligungen unter 15 % des Nennkapitals werden freigestellte Dividendenanteile (§ 3 Nr. 40 EStG) bzw. Dividenden (§ 8b Abs. 1 KStG) im Rahmen der Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 5 GewStG im Gewerbeertrag erfasst; bei einer Kapitalgesellschaft als Spitzeneinheit und einer Beteiligung unter 10 % sind diese hingegen schon im Gewinn aus Gewerbebetrieb enthalten (§ 7 Satz 1 GewStG), so dass letztlich Dividenden aus gewerbesteuerlichem Streubesitz ungemildert der Gewerbesteuer unterliegen.
Rz. 89
§ 9 Nr. 8 GewStG erweitert bei Bestehen eines DBA das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg auf den DBA-rechtlich begünstigten Personenkreis. Liegt zudem die Mindestbeteiligungsgrenze eines DBA unter 15 %, dann ist diese maßgebend; auch weitere abkommensrechtlichen Voraussetzungen, sofern günstiger, sind zu berücksichtigen.