Leitsatz
Der Steuerpflichtige hat die Möglichkeit, auch Spenden an eine Einrichtung, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, steuerlich geltend zu machen, wenn er das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO nachweisen kann.
Normenkette
§ 10b, § 51 Abs. 1 EStG, § 49 EStDV, Art. 56 EG-Vertrag
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über den Abzug einer sog. Auslandsspende. Der Kläger begehrte den Sonderausgabenabzug für Sachspenden an ein portugiesisches Kinder- und Altenheim. Die nach erfolglosem Einspruchs- und Klageverfahren (FG Münster, Urteil vom 28.10.2005, 11 K 1505/05 E, EFG 2006, 357) eingelegte Revision begründete der Kläger damit, die Versagung der Anerkennung der Spende sei gemeinschaftsrechtswidrig, da eine versteckte Diskriminierung vorliege.
Der vom BFH angerufene EuGH hat mit Urteil vom 27.01.2009, C-318/07 (BFH/NV 2009, 522, BFH/PR 2009, 125) sowohl entschieden, dass Auslandsspenden (auch Sachspenden) unter die Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Kapitalverkehr fallen, als auch dass Art. 56 EG-Vertrag der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der nur Spenden an inländische Einrichtungen abgezogen werden dürfen.
Entscheidung
Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen, das nun zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO erfüllt sind.
Hinweis
Der EuGH hat in der Rechtssache Persche bekanntlich entschieden, dass die Beschränkung des Steuerabzugs auf Spenden an inländische Einrichtungen europarechtlich unzulässig ist: Art. 56 EG-Vertrag steht der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, nach der nur Spenden an im Inland ansässige Einrichtungen von der Steuer abgezogen werden können, ohne jede Nachweismöglichkeit für den Spender, dass die Spende an eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Einrichtung ebenfalls die Voraussetzungen für die Gewährung einer solchen Vergünstigung erfüllt (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 27.01.2009, C-318/07"Persche", BFH/NV 2009, 522, BFH/PR 2009, 125).
Der EuGH-Entscheidung entsprechend hat der Steuerpflichtige nunmehr die Möglichkeit, auch Spenden an eine Einrichtung, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, steuerlich geltend zu machen. Dabei sind die folgenden Grundsätze zu beachten:
1. Ein Abzug der Spende ist dann – aber auch nur dann – möglich, wenn die begünstigte Einrichtung die Voraussetzungen der nationalen Rechtsvorschriften (hier also die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO) für die Gewährung von Steuervergünstigungen erfüllt.
2. Die beteiligten Steuerbehörden können vom Steuerpflichtigen alle Belege verlangen, die ihnen für die Beurteilung der Frage notwendig erscheinen, ob die Voraussetzungen für die Abziehbarkeit der Ausgaben nach den einschlägigen Rechtsvorschriften erfüllt sind und der verlangte Abzug dementsprechend gewährt werden kann.
3. Es ist Sache der zuständigen nationalen Behörden (einschließlich der Gerichte) zu überprüfen, ob der Nachweis für die Einhaltung der von diesem Mitgliedstaat für die Gewährung der fraglichen Steuervergünstigung aufgestellten Voraussetzungen nach den Regeln des nationalen Rechts erbracht worden ist.
4. Erweist sich die Nachprüfung der von dem Steuerpflichtigen vorgelegten Auskünfte – insbesondere wegen der Grenzen des Auskunftsaustauschs – als schwierig, sind die Finanzbehörden nicht daran gehindert, bei Nichtvorlage der Nachweise, die sie für die zutreffende Steuerfestsetzung als erforderlich ansehen, den beantragten Steuerabzug zu verweigern.
Fazit: Mit der grundlegenden EuGH-Entscheidung hat der Steuerpflichtige nur den ersten Schritt getan. Jetzt geht es für ihn im zweiten Schritt darum, den Nachweis zu führen, dass bei seiner grenzüberschreitenden Spende die Voraussetzungen für die Anerkennung auch tatsächlich gegeben sind. Dieser zweite Schritt dürfte in der Praxis aber noch erhebliche Schwierigkeiten bereiten!
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.05.2009 – X R 46/05