Leitsatz
Veredelung ist der planvolle Umgang mit einer Ware, mit dem Ziel, ein bestimmtes Veredelungserzeugnis zu gewinnen. Unwillkürlich eintretende Veränderungen der Ware genügen dafür, auch wenn sie erwünscht sind, jedenfalls dann nicht, wenn der Umgang mit der Ware nicht maßgeblich auf dem Plan beruht, gezielt solche Veränderungen zu bewirken.
Normenkette
Art. 114 Abs. 2 ZK
Sachverhalt
Gerstenmalz sollte in Drittländer ausgeführt werden. Um die Gültigkeitsdauer der dafür erteilten Lizenzen ausnutzen zu können, wurde kurz vor deren Ablauf eine Zahlungserklärung abgegeben und die Bewilligung eines Erstattungsveredelungsverkehrs zum Mischen von Malz mit Malz beantragt. Dem Antrag wurde vom HZA entsprochen, die Ausfuhrerstattung nach Maßgabe der in den Lizenzen festgelegten Erstattungssätze vorfinanziert und die Ware schließlich vor Ablauf der betreffenden Veredelungsfrist ausgeführt. Die "Behandlung" der Ware während der Veredelungsfrist bestand lediglich darin, dass diese aus den Silos zum Zweck der Auslieferung abgelassen wurde. Da allerdings ein Silo stets mit mehreren Produktionschargen befüllt ist und diese Chargen sich beim Ablassen notwendigerweise vermischen, wurde das Ablassen von dem Exporteur als die notwendige "Veredelung" angesehen, zumal erst die Mischung mehrerer Chargen die erforderliche einheitliche Qualität der Gerste garantiere.
Das HZA hingegen sah diese Form unwillkürlichen Sich-Vermischens von Produktionschargen bei der Entnahme aus einem vor Beginn des Veredelungsverkehrs befüllten Silo nicht als Veredelung an und wollte dementsprechend nicht die in den Lizenzen festgelegten, sondern die aktuellen, bei der Ausfuhr geltenden (im Streitfall etwas niedrigeren) Erstattungssätze anwenden. Die Differenz zwischen dem vorfinanzierten Betrag und dem so berechneten Erstattungsbetrag forderte es deshalb zurück.
Entscheidung
Mit Recht, urteilte der BFH. Das betriebsnotwendige Ablassen aus einem Silo und die dabei eintretende Vermischung der dort eingefüllten Chargen ist auch dann keine Veredelung, wenn es zu einer von dem Exporteur erwünschten Qualitätsverbesserung der Ware führt.
Hinweis
1. Was ist "Veredelung"? Für den im Zoll- wie im Marktordnungsrecht bedeutsamen Begriff findet sich eine Legaldefinition nur in Art. 114 Abs. 2 Buchst. c ZK. Veredelung ist danach u.a. die Bearbeitung von Waren einschließlich ihrer Montage, Zusammensetzung und Anpassung an andere Waren. Veredelung ist also jedwede "Behandlung" von Waren. Sie braucht deren physikalische oder chemische Beschaffenheit nicht zu verändern. Sie setzt allerdings voraus, dass auf eine Ware der betreffenden Behandlung zielgerichtet ausgesetzt wird, um aus einer Ausgangsware ein Veredelungserzeugnis zu gewinnen. Keine Veredelung sind deshalb Warenveränderungen, die beim Umgang mit der Ware (etwa während einer vorübergehenden Lagerung) unwillkürlich eintreten, ohne dass die betreffende "Behandlung" maßgeblich auf dem Plan beruht, gezielt solche Veränderungen zu bewirken (wie etwa bei einer für einen Reifeprozess gezielt vorgenommenen Lagerung).
2. Auf Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 VwVfG konnte sich ein Exporteur gegenüber der Rückforderung gewährter oder vorfinanzierter Ausfuhrerstattung schon in der Zeit nicht berufen, als diese Vorschrift mangels einer fehlender gemeinschaftsrechtlichen Regelung des Rückforderungsverfahrens noch unmittelbar anwendbar war. Denn das öffentliche Interesse daran, dass zu Unrecht gewährte Ausfuhrerstattungen zurückgefordert werden, überwiegt in der Regel das schutzwürdige Interesse des Begünstigten daran, den ihm gewährten Erstattungsbetrag behalten zu dürfen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 4.5.2004, VII R 6/03