Leitsatz
Im Rahmen einer normspezifischen Auslegung der Begriffe "Überführung" bzw. "Übertragung" in § 9 Nr. 1 Satz 5Nr. 2 GewStG sind die Wertungen des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 einzubeziehen. Liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 vor, ist für die Frage, wann der betreffende Grundbesitz i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 5Nr. 2 Halbsatz 2 GewStG in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs (als übernehmende Gesellschaft) "überführt" oder "übertragen" worden ist, auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem er in das Betriebsvermögen der übertragenden Gesellschaft gelangt ist.
Normenkette
§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG, § 4 Abs. 2 Satz 3, § 23 Abs. 1, § 25 Satz 1 UmwStG 2006
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine 2005 zunächst in der Rechtsform einer KG gegründete Objektgesellschaft. Ihre Gesellschafter waren seinerzeit die A-GmbH als Komplementärin ohne Einlage und die B-GmbH mit einer Kommanditeinlage von ... EUR. Gesellschaftszweck war der Erwerb, die Errichtung und die Vermietung von Grundstücken, Baulichkeiten und Anlagen aller Art sowie zugehöriger Nebengeschäfte. Tatsächlich hatte sie im Jahr der Gründung Grundstücke in X (Inland) erworben, Gebäude und Anlagen errichtet und für den Betrieb eines ...marktes an eine zum gleichen Konzern gehörende Gesellschaft vermietet. Ausweislich der Bilanzen für die Jahre bis 2010 erzielte sie nur Mieterträge aus der Nutzung des entsprechenden Objektes.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 20.7.2011 wurde die Klägerin in eine GmbH umgewandelt. Steuerlicher Übertragungsstichtag war der 31.12.2010, 24:00 Uhr. Bereits vor dem Umwandlungsbeschluss hatte die Klägerin mit Notarvertrag vom 14.1.2011 das Objekt in X an einen fremden Dritten veräußert. Der aus dem Verkauf resultierende Veräußerungsgewinn i.H.v. ... EUR ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wurde in der Buchführung ordnungsgemäß erfasst. Der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten der Immobilie erfolgte mit der Kaufpreiszahlung am 15.3.2011.
Mit Notarvertrag vom 10.3.2011 hatte die Klägerin außerdem von einer weiteren konzernangehörigen Gesellschaft Grundbesitz in Y (Inland) zu einem Kaufpreis von ... EUR erworben. Der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten wurde auf den 11.3.2011 vereinbart. Der zwischen der Grundstücksveräußerin und der ebenfalls konzernangehörigen Mieterin, der C-GmbH, bestehende Mietvertrag wurde übernommen und fortgeführt.
Im Rahmen ihrer für den Erhebungszeitraum 2011 (Streitjahr) abgegebenen GewSt-Erklärung deklarierte die Klägerin einen Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. ... EUR, Entgelte für Schulden i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG i.H.v. ... EUR sowie einen Kürzungsbetrag für die erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG i.H.v. ... EUR. Auf dieser Basis wurde zunächst erklärungsgemäß der GewSt-Messbetrag mit ... EUR unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt.
Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung vertrat das Prüfungs-FA demgegenüber die Auffassung, die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG stehe der Klägerin nicht zu. Dies folge aus § 9 Nr. 1 Satz 5Nr. 2 GewStG, wonach die Sätze 2 und 3 der Vorschrift nicht gelten, soweit der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven aus einem Grundbesitz enthält, der innerhalb von drei Jahren vor der Aufdeckung der stillen Reserven zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist, und soweit diese Gewinne auf bis zur Überführung oder Übertragung entstandene stille Reserven entfallen. Das Grundstück in X sei im Rahmen der Umwandlung in das Betriebsvermögen der Klägerin überführt worden. Dies ergebe sich aus dem gemäß § 25 UmwStG 2006 sinngemäß anwendbaren § 20 UmwStG 2006. Die bis zum Übertragungsstichtag entstandenen stillen Reserven berechnete das Prüfungs-FA mit ... EUR. Bei dieser Berechnung wurde davon ausgegangen, dass zwischen dem Übertragungsstichtag, dem 31.12.2010, und dem notariellen Rechtsgeschäft am 14.1.2011 keine Wertveränderungen eingetreten seien. Daher müssten von der beantragten Kürzung für Grundstücksunternehmen i.H.v. ... EUR die bei der Übertragung vorhandenen stillen Reserven i.H.v. ... EUR abgezogen werden. Es verbleibe lediglich ein Kürzungsbetrag i.H.v. ... EUR.
Das FA schloss sich der Auffassung des Prüfungs-FA an und erließ unter dem 21.2.2017 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten GewSt-Messbescheid, mit dem der Messbetrag auf ... EUR festgesetzt wurde.
Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin dagegen Klage, der das FG stattgab (FG Köln, Urteil vom 11.7.2019, 13 K 2469/17, Haufe-Index 13397057, EFG 2019, 1697).
Entscheidung
Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung kann auf die Praxis-Hinweise verwiesen werden.
Hinweis
1. Das Besprechungsurteil ist für Grundstücksunternehmen bedeutsam, weil es in rechtsgrundsätzlicher Weise den Anwendungsbereich einer Ausnahmebestimmung zur erweiterten Kürzung klärt.
2. Die erw...