Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Beantragt der Steuerpflichtige im Rahmen der sog. Günstigerprüfung die Einbeziehung der Kapitaleinkünfte in die Veranlagung, ist der Ausschluss des Abzugs von Werbungskosten verfassungswidrig.
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um die Frage, ob der Steuerpflichtige, der die Einbeziehung seiner Kapitaleinkünfte in die Einkommensteuerveranlagung im Rahmen der sog. Günstigerprüfung (§ 32d Abs. 6 EStG) beantragt, ihm im Zusammenhang mit seinen Kapitaleinnahmen entstandene Werbungskosten abziehen kann. Das Finanzamt berücksichtigte entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes im Streitfall lediglich den Sparer - Pauschbetrag in Höhe von 801 EUR.
Entscheidung
Nach der Gesetzesbegründung regelt § 32d Abs. 6 EStG die Wahlmöglichkeit des Steuerpflichtigen, seine Einkünfte aus Kapitalvermögen abweichend von § 32d EStG den allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Regelungen zur Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer zu unterwerfen. In der Gesetzesbegründung ist ausgeführt, durch den Sparer-Pauschbetrag werde sowohl eine Typisierung hinsichtlich der Höhe der Werbungskosten in den unteren Einkommensgruppen vorgenommen, als auch berücksichtigt, dass mit einem relativ niedrigen Proportionalsteuersatz von 25 % die Werbungskosten in den oberen Einkommensgruppen mit abgegolten werden. Nach Auffassung des FG Baden-Württemberg ist die Regelung in § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die tatsächlich entstandenen Werbungskosten jedenfalls dann abzugsfähig sind, wenn der individuelle Steuersatz bereits unter Berücksichtigung nur des Sparer-Pauschbetrag unter 25 % liegt. Ein absolutes und unumkehrbares Abzugsverbot von Werbungskosten wäre in diesen Fällen nach Auffassung des FG verfassungswidrig.
Hinweis
Der Gesetzgeber hat an verschiedenen Stellen in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht hat, dass er den Abzug von Werbungskosten dann in vollem Umfang zulassen will, wenn die Kapitaleinkünfte der tariflichen Einkommensteuer unterliegen. Dagegen lässt sich nach Auffassung des FG Baden-Württemberg ein eindeutiger Wille des Gesetzgebers, den Abzug der tatsächlichen Werbungskosten auch im Falle der Günstigerprüfung auszuschließen, den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2012, 9 K 1637/10