Leitsatz
Die Erlangung von Straffreiheit und teilweiser Steuerbefreiung infolge einer strafbefreienden Erklärung nach dem StraBEG ist auch dann gesperrt, wenn der Betriebsprüfer sein tatbestandsmäßiges Erscheinen nicht durch Mitteilung des voraussichtlichen Prüfungsbeginns ankündigt, sondern unmittelbar nach der Bekanntgabe der erweiterten Prüfungsanordnung mit der Prüfung beginnt, soweit es einer Ankündigung nicht bedurfte, weil eine Fristeinräumung entbehrlich war.
Sachverhalt
Mit schriftlicher Prüfungsanordnung ordnete der Beklagte die Durchführung einer Betriebsprüfung beim Kläger an. Der voraussichtliche Beginn der Prüfung wurde mitgeteilt. Der Kläger teilte dem Beklagten nach der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung und vor dem Beginn der Prüfung schriftlich erhebliche Beträge zur Nachversteuerung im dreijährigen Prüfungszeitraum mit. Nach dem ankündigungsgemäßen Beginn der Betriebsprüfung leitete der Beklagte ein Steuerstrafverfahren gegen den Kläger aufgrund seiner Selbstanzeige ein. Der Beklagte dehnte die Betriebsprüfung über den dreijährigen Prüfungszeitraum hinaus aus. Die Ausdehnung des Prüfungszeitraums wurde dem Kläger in seinem Büro von der Betriebsprüferin mitgeteilt und zugleich die betreffenden Unterlagen von ihr auf den nachfolgenden Montag angefordert. Der Kläger reichte am Sonntag per Fax einen ausgefüllten und unterschriebenen Vordruck "Erklärung nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz" für die Jahre des erweiterten Prüfungszeitraums beim Beklagten ein. Der Beklagte leitete ein weiteres Strafverfahren gegen den Kläger ein und erließ für die Jahre des erweiterten Prüfungszeitraums geänderte Einkommensteuerbescheide. Der Einspruch des Klägers gegen diese Änderungsbescheide war erfolglos.
Entscheidung
Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des entscheidenden Senats habe der Beklagte zu Recht die vom Kläger zu entrichtende Einkommensteuer der Jahre des erweiterten Prüfungszeitraums nach den Vorschriften des EStG in den Änderungsbescheiden neu festgesetzt. Die Strafbefreiungserklärung des Klägers könne keine Abgeltungswirkung entfalten. Die Betriebsprüferin sei bereits vor Abgabe der Strafbefreiungserklärung beim Kläger erschienen. Das Erscheinen eines Amtsträgers schließe die Abgeltungswirkung aus (§ 7 StraBEG). Es sei nicht zu beanstanden, dass die Bekanntgabe der erweiterten Prüfungsanordnung und das Erscheinen der Betriebsprüferin zeitlich zusammengefallen seien. Im Streitfall sei es wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles auch entbehrlich gewesen, zwischen Anordnung der erweiterten Prüfung und dem Beginn dieser Prüfung dem Kläger eine angemessene Frist einzuräumen. Der Kläger habe weder die schriftliche Erweiterung der Prüfungsanordnung noch die Festlegung des Prüfungsbeginns angefochten, so dass diese Verwaltungsakte bestandskräftig seien. Dem Merkblatt des BMF zur Anwendung des StraBEG liege nur der für die erstmalige Prüfungsanordnung typische Fall zugrunde, dass die Prüfungsanordnung dem steuerpflichtigen zusammen mit der Mitteilung des vorgesehenen Beginns der Prüfung übersandt werde und der Prüfer zum vorgesehenen Termin mit der Prüfung beginne. Der atypische Fall einer erweiterten Prüfung regle das Merkblatt jedoch nicht.
Hinweis
Die Revision wurde zugelassen, so dass der BFH Gelegenheit haben wird, zum Ausschluss einer strafbefreienden Erklärung infolge unmittelbaren Beginns einer Betriebsprüfung höchstrichterlich Stellung zu nehmen. Der Steuerberater hat in solchen Fällen darauf zu achten, dass die Prüfungsanordnung rechtzeitig angefochten und nicht bestandskräftig wird. Im Besteuerungsverfahren kann die Sperrwirkung des Erscheinens eines Betriebsprüfers nur erfolgreich angegriffen werden, wenn zuvor die erweiterte Prüfungsanordnung in einem eigenen Einspruchs- und Klageverfahren erfolgreich angegriffen wurde. Eine Prüfung aufgrund einer rechtswidrigen Prüfungsanordnung hat nicht nur ein Verwertungsverbot zur Folge, sondern schließt ebenso ein tatbestandliches Erscheinen eines Amtsträgers im Sinne des StraBEG aus.
Link zur Entscheidung
FG Bremen, Urteil vom 06.10.2004, 2 K 152/04 (1)