Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Willner, Wolfgang Macht
Die Kasse wird unter einem materiellen und einem formellen Gesichtspunkt geprüft.
Materiell
Die materielle Prüfung der Kasse beschäftigt sich mit der Frage, ob alle Einnahmen erfasst wurden und keine Kassenfehlbeträge vorliegen. Darüber hinaus finden, insbesondere von PC-Kassen generierte, Kassendaten Eingang in die Kalkulation (Anzahl einzelner Speisen, Getränke, Bedienerumsätze).
Formell
Bei der formellen Prüfung der Kasse geht es darum, ob die Kassenführung ordnungsgemäß ist (s. Tz. 4.4.2 Kassensysteme). Dies ist auch für einen Einnahmen-Überschussrechner wichtig. Ergeben sich hier Mängel, ist der Betriebsprüfer zur Schätzung befugt.
4.4.1 Kassen-Nachschau
Seit einigen Jahren können die Finanzämter sog. "Kassen-Nachschauen" durchführen:
Vorbereitung: Testkäufe
Im Vorfeld einer Kassen-Nachschau erfolgt regelmäßig eine Beobachtung der Kasse und ihrer Handhabung im Gastraum. Dies ist – da es sich um einen allgemein zugänglichen Betriebsraum handelt – ohne weiteres zulässig. Dies beeinhaltet auch Testkäufe/Testessen.
Durchführung der Kassen-Nachschau
Die eigentliche Kassen-Nachschau erfolgt überraschend, also ohne vorherige Ankündigung oder Prüfungsanordnung. Sie kann unmittelbar nach dem Testessen oder einige Tage später durchgeführt werden. Den Auslesezeitraum für die elektronischen Kassendaten bestimmt der Prüfer. Dieser Zeitraum kann abgesehen von Verjährungsregeln hinsichtlich der Aufbewahrungspflicht vom 1. Einsatztag der Kasse bis zum Auslesetag reichen.
Die Kassenprüfer müssen sich ausweisen und haben dann folgende Rechte:
- Verlangen von Vorlage aller Kassenaufzeichnungen, Kassenbücher
- Verlangen von Vorlage aller Organisationsunterlagen (Bedienungsanleitung der Kasse, Speicherprotokolle, Verfahrensdokumentationen)
- Anfertigung von Kopien bzw. Scans der o. g. Unterlagen
- Durchführung eines Kassensturzes, also Abgleich des buchmäßigen mit dem tatsächlichen Kassenbestand
- Auslesen des Kassenspeichers
- Mitnahme der Daten
Ergeben sich bei der Kassen-Nachschau an dieser Stelle bereits Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Außenprüfung übergegangen werden. Damit entfällt die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige.
4.4.2 Kassensysteme
"Offene Ladenkasse"
Die früher fast ausschließlich verwendeten Kassensysteme "Schub" oder "Geldbeutel" (sog. "offene Ladenkasse") sind heute deutlich seltener anzutreffen. Falls sie noch verwendet werden, muss hier eine ordnungsgemäße Kassenführung durch Zählen des Kassenbestands und Aufzeichnung von Auszahlungen für Betriebsausgaben oder Entnahmen aus der Kasse hergestellt werden. Die Einnahmen (sog. "Tageslosung") werden dabei rechnerisch ausgehend vom ausgezählten Geldbestand durch Subtraktion der getätigten Einlagen und Addition der getätigten Barausgaben und Entnahmen ermittelt. Die Aufzeichnungen sind täglich vorzunehmen.
Tageslosung
|
EUR |
gezählter Endbestand |
800 |
Entnahmen |
+ 250 |
Ausgaben lt. Beleg |
+ 300 |
Zwischensumme |
= 1.350 |
gezählter Bestand vom Vortag |
- 100 |
Tageseinnahmen (rechnerisch) |
= 1.250 |
Unter die Rubrik "offene Ladenkasse" fallen auch alte Registrierkassen ohne Speicher der einzelnen Tagesumsätze. Diese Kassen dürfen für eine formell ordnungsgemäße Kassenführung nicht mehr verwendet werden.
Registrierkasse
Die Verwendung einer Registrierkasse ohne elektronischen Spreicher ist grundsätzlich seit dem Jahr 2017 nicht mehr zulässig.
PC-Kasse
Eine PC-gestützte Kasse bietet eine Vielzahl von Auswertungsmöglichkeiten. Im System wird regelmäßig die Speisekarte abgebildet. Erfasst wird dann jede einzelne verkaufte Ware (z. B. Kaffee, Cappuccino, etc.) unter Nennung von Datum, Zeit, Tischnummer, Bedienernummer. Das Kassensystem speichert die Zahlungsart (bar, Scheck, Karte). Es ist im Bestellwesen (Küche, Theke) und Warenwirtschaftssystem (Bestandsverwaltung, Überwachung des Mindestbestandes) eingebunden. Weiterhin bietet das Kassensystem diverse Verprobungsmöglichkeiten über Tagesumsätze, Umsatzrenner, Bedienereinsatz, etc.
Wurden Daten betrieblich generiert und gespeichert, so müssen diese auch archiviert und der Betriebsprüfung zur maschinellen Auswertung vorgelegt werden. Ein Verstoß gegen die Aufzeichungs- und Aufbewahrungspflicht oder eine Manipulation der Daten gelten als gravierender Mangel der Buchführung bzw. Aufzeichnungen und befugen das Finanzamt zur Schätzung.
Ebenso ist die Beweiskraft der Buchführung erschüttert, wenn die elektronischen Daten nicht in dem gesetzlich vorgeschriebenen Datenformat vorgelegt werden können. Auch in diesem Fall steht eine Schätzung durch das Finanzamt im Raum.