Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Willner, Wolfgang Macht
1.1 Auftrag der Betriebsprüfung
Während bei Arbeitnehmern die Steuerzahlung weitgehend von fremden Dritten, nämlich den Arbeitgebern, im Rahmen des Lohnsteuerabzugs vorgenommen wird, werden die Bemessungsgrundlagen für die Steuerentrichtung von Unternehmen von diesen selbst berechnet und erklärt. Aufgabe der Außenprüfung ist es, hier einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Erhebungsformen zu schaffen und für eine vollständige und zutreffende Besteuerung auch für Einkünfte ohne Steuerabzug zu sorgen.
Ziel ist die periodengerechte und vollständige Besteuerung. Dazu gilt es
- den Gewinn mithilfe der Bilanzposten bzw. Betriebseinnahmen und -ausgaben Jahr für Jahr genau festzustellen,
- die Höhe des betrieblichen Kapitals zu ermitteln,
- Betriebs- und Privatbereich voneinander abzugrenzen,
- Umsätze und Vorsteuern zu berechnen und
- sonstige steuerrelevante Vorgänge (z. B. Schenkungen) zu erkennen und steuerlich auszuwerten.
1.2 Prüfungstechniken
Um das eben genannte Ziel zu erreichen, steht den Betriebsprüfern eine Vielzahl von Prüfungstechniken zur Verfügung, die in drei Kategorien eingeteilt werden können:
- "Klassische" Prüfungstechniken,
- "neue" Prüfungstechniken (EDV-gestützt) und
- Prüfungstechniken nach den jeweiligen Branchenbesonderheiten.
Je nach betrieblichen Gegebenheiten wird der Betriebsprüfer aus den genannten Prüffeldern einzelne herausgreifen und schwerpunktmäßig abprüfen.
1.2.1 "Klassische" Prüfungstechniken
Im Rahmen der "klassischen" Prüfungstechniken geht es um die Entscheidung, ob Zahlungen zu einer Bilanzierung, Betriebsausgaben oder Betriebseinnahmen führen, betrieblich oder privat veranlasst sind und welche steuerlichen Folgen sich daraus ergeben.
Prüfungsansätze Buchführung
Thema |
Prüfungsansatz |
Bilanz |
|
Anlagen |
- Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibung
- Bildung und Übertragung von Rücklagen
- Höhe der aktivierten Anschaffungs-/Herstellungskosten (z. B. Nebenkosten, nachträgliche Anschaffungs-/Herstellungskosten)
|
Immaterielle Wirtschaftsgüter |
- Bilanzierung und ggf. Abschreibung von Homepage, Domain, Software, Kundenstamm und Firmenwert
- Steuerliches Bilanzierungsverbot für selbst erstellte immaterielle Wirtschaftsgüter
|
Unbewegliche Sachanlagen |
- Bilanzielle Behandlung von "Ehegattengrundstücken"
- Behandlung von sog. "Drittaufwand"
- Behandlung eines Arbeitszimmers
- Bilanzielle Behandlung von Wohnungen
- Notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen
- Anschaffungsnaher Herstellungsaufwand
- Abgrenzung von Grund und Boden – Gebäude – Außenanlagen.
|
Bewegliche Sachanlagen |
Bilanzierung und Abschreibung von Maschinen und Anlagen sowie insb. privat genutzten PKWs |
Finanzanlagen |
Behandlung als Betriebsvermögen |
Vorräte, Waren |
- Erfassung von Außenlagern, Kommissionslagern
- Warenbewertung (Skonti, Rabatte, Verbrauchsfolgen Lifo, Zulässigkeit von Teilwertabschreibungen etc.)
- Bewertung von halbfertigen und fertigen Produkten
- Höhe der aktivierten Anschaffungs-/Herstellungskosten (z. B. Nebenkosten)
|
Forderungen |
- Höhe von Delkredere und Einzelwertberichtigungen
- Ursachen und Nachweise für Forderungsausfälle
- Aktivierung von am Jahresende erbrachten Leistungen und Vornahme der Umsatzbesteuerung für diese Leistungen
|
Finanzkonten |
- Abstimmung von Banksalden lt. Kontoauszug und lt. Bilanzkonto
- Prüfungsfeld "Kasse": Kassenbücher, Kassenberichte, Tagesendsummenbons, Aufzeichnungen elektronischer Kassen, Verprobungen
|
Aktive Rechnungsabgrenzung |
Jahresübergreifende Zahlung von Versicherungen, Beiträgen und Zinsen etc. |
Rückstellungen, Verbindlichkeiten |
- Ansatz dem Grunde und der Höhe nach
- Abzinsung bei einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr bei einer Rückstellung
|
Passive Rechnungsabgrenzung |
Jahresübergreifende Vereinnahmung von Betriebseinnahmen |
Gewinn- und Verlustrechnung / Einnahmen-Überschussrechnung |
|
Aufwandsposten |
Durchsicht nach
- aktivierungspflichtigen Positionen
- privat veranlassten Aufwendungen
- Vorliegen von (ordnungsgemäßen) Belegen
|
Löhne |
- Arbeitsverhältnisse mit nahestehenden Personen (z. B. Ehegatten, Kinder, etc.)
- Lohn- und umsatzsteuerliche Behandlung von Zuwendungen an Arbeitnehmer
|
Wareneinkauf, Erlöse |
Verprobung des Rohaufschlages |
Privatkonto |
|
Geldverkehrsrechnung |
Prüfung der Möglichkeit der Deckung des Lebensunterhalts mit den gebuchten Entnahmen und sonstigen Geldzuflüssen |
Private Aufwendungen |
- Erfassung aller privaten Nutzungen (z. B. Kfz-Nutzung, Strom, Wasser, Heizung, Wohnung) dem Grunde und der Höhe nach
- Prüfung auf Privatentnahme von Gegenständen
- Abgrenzung von privatem und betrieblichem Aufwand
|
Tabelle: Prüfungsansätze Buchführung
Neben der Buchführung bzw. Einnahmen-Überschussrechnung gilt es noch diverse gesetzliche Normen zu beachten, die ebenfalls Prüfungsansätze bieten.
Prüfungsansätze Einzelsteuergesetze
Thema |
Prüfungsansätze |
Einkommensteuer |
- Richtige Buchung aller nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben und vollständige Hinzurechnung außerbilanziell
- Beachtung der Aufzeichnungspflichten für nicht abziehbare Betriebsausgaben
- Steuerliche Aktivierungspflichten bzw. Passiv...
|