Rz. 50

Nach § 5b EStG muss der "Inhalt der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung" elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelt werden. Stellt man sich auf einen positivistischen Standpunkt, würde dies bedeuten, dass die außerbilanziellen Korrekturen von § 5b EStG gar nicht erfasst würden und somit auch nicht elektronisch übermittelt werden müssten. Wie der Begriff "außerbilanzielle Korrekturen" verrät, sind sie nicht in der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung vorzunehmen. Sie erfolgen außerhalb der doppelten Buchführung. Die positivistische Position ist also, dass die außerbilanziellen Korrekturen kein Gegenstand der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sind und daher nicht in den Anwendungsbereich der E-Bilanz fallen.

 

Rz. 51

Die vorliegende Taxonomie geht aber davon aus, dass auch außerbilanzielle Korrekturen elektronisch zu übermitteln sind. Der Berichtsbestandteil "Steuerliche Gewinnermittlung" der Kerntaxonomie behandelt außerbilanzielle Korrekturen. Außerdem ist die Gliederung des Berichtsteils "Gewinn- und Verlustrechnung" so kleinteilig, dass durch

  • die hohe Gliederungstiefe,
  • durch zahlreiche "davon"-Ausweise und
  • "nachrichtliche" Angaben

die außerbilanziellen Korrekturen zu einer selbstständigen Position in der Gewinn- und Verlustrechnung "aufgewertet" werden. Dies betrifft insbesondere die Angaben zu den sonstigen betrieblichen Erträgen und Aufwendungen.

 

Rz. 52

Das mit § 5b EStG verfolgte Ziel, die gesamte steuerliche Gewinn­ermittlung in elektronischer Form an das Finanzamt zu übermitteln, lässt sich nur verwirklichen, wenn auch die außerbilanziellen Korrekturen erfasst werden. Die weiteren Ziele, wie der maschinelle Abgleich der Steuererklärungen, eine effizientere Plausibilitätsprüfung, die Erhöhung der Kontrolldichte, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu verwirklichen, setzen auch eine Übermittlung der bilanziellen und außerbilanziellen Korrekturen voraus. Außerdem lässt sich für die Finanzverwaltung[1] eine Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens nur erreichen, wenn auch die außerbilanziellen Korrekturen elektronisch übermittelt werden.

 

Rz. 53

Die von der Finanzverwaltung entwickelte Taxonomie beruht auf § 51 Abs. 4 Nr. 1b EStG. Diese Ermächtigungsgrundlage erlaubt es dem Bundesministerium der Finanzen, den "Mindestumfang" der zu "übermittelnden Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung zu bestimmen." Als Steuerpflichtiger könnte man das Argument entwickeln, dass die vorliegende Kerntaxonomie über die Ermächtigungsgrundlage hinausschießt, da die umfangreichen Angaben zu den außerbilanziellen Korrekturen gerade nicht die Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung betreffen. Diesem Argument muss man entgegenhalten, dass sehr viele außerbilanzielle Korrekturen in der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung transparent werden, wenn die Konten der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung nur durch ausreichend viele Unterkonten, Davon-Ausweise und nachrichtliche Angaben aufgeschlüsselt werden. Genau dieser Ansatz ist bereits bei der Aufschlüsselung der Angaben zu den sonstigen betrieblichen Erträgen und Aufwendungen festzustellen. Außerdem entspricht dieses Vorgehen der Ermächtigungsgrundlage, die es der Finanzverwaltung erlaubt, den "Mindestumfang" der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung durch "Mussfeld" und "Mussfeld, Kontennachweis erwünscht" festzulegen. Es bleiben aber außerbilanzielle Korrekturen, die sich über eine Aufschlüsselung der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung nicht erfassen ließen, z. B. die Gewinnzuschläge für die Auflösung von steuerfreien Rücklagen (§ 6b Abs. 7, § 7g Abs. 2 EStG).

 

Rz. 54

Es ist ungewiss, ob die Gerichte die Ermächtigungsgrundlage zum Mindestumfang der E-Bilanz für die Angabe aller außerbilanziellen Korrekturen als unzureichend beurteilen werden. Es darf dann aber davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber eine unzureichende Ermächtigungsgrundlage erweitern würde. Außerdem zeigt das Urteil des BFH zur Anlage EÜR, dass der Gesetzgeber sich bei der Standardisierung der Gewinnermittlungsmethoden auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 Abs. 1 GG) und die Gewährleistung einer effektiven und einfachen Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) berufen kann.[2]

[1] BFH, Urteil v. 16.11.2011, X R 18/09, BStBl 2012 II S. 129. Im Urteil zur Anlage EÜR geht der BFH ausdrücklich auf das Tatbestandsmerkmal "Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens" ein und stellt fest, dass dies auch gerade durch eine Verfahrensvereinfachung für die Finanzverwaltung verwirklicht werden kann.

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