Rz. 94

Bis zur Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. waren Sanierungsgewinne steuerfrei.[1] Von einem Sanierungsgewinn spricht man, wenn Gläubiger anlässlich der Krise auf die gesamten oder einen Teil ihrer Forderungen gegenüber dem Unternehmen verzichten. Die Befreiung von den Schulden ist handelsrechtlich und steuerlich ertragswirksam.[2] Derzeit sind Sanierungsgewinne grundsätzlich steuerpflichtig.

 

Rz. 95

Nach Verwaltungsauffassung ist die auf einen Sanierungsgewinn entfallende Steuer nach § 163 AO abweichend festzusetzen und nach § 222 AO zu stunden, um sie schließlich zu erlassen, § 227 AO.[3] Begünstigt wird aber nicht die unternehmerbezogene Sanierung, sondern nur die unternehmensbezogene Sanierung.[4] Es geht also um die Frage, ob nur der Unternehmer oder das Unternehmen gerettet werden soll. Ein entscheidendes Merkmal für diese Unterscheidung ist die Frage, ob nur der Unternehmer/Gesellschafter und ihm nahestehende Personen zum Verzicht bereit sind, oder ob auch Dritte, insbesondere Banken, zu einem Verzicht bereit sind. Soweit unabhängige Gläubiger einen substanziellen Verzicht leisten, ist die Finanzverwaltung regelmäßig von einer unternehmensbezogenen Sanierung überzeugt und ist ihrerseits bereit, auf Steuern zu verzichten. Es kommt in diesem Fall nicht zu einer außerbilanziellen Korrektur, sondern zu einer Billigkeitsmaßnahme im Verwaltungswege.

 

Rz. 96

Die Rechtsprechung hat noch nicht endgültig entschieden, ob die Verwaltungspraxis (BMF Schreiben v. 27.3.2003) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt und die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen im Billigkeitsweg rechtswidrig ist.[5] Gesamtwirtschaftlich ist es sicher wünschenswert, dass unternehmensbezogene Sanierungsgewinne steuerfrei gestellt werden. Auf der anderen Seite hat der Gesetzgeber, diese Vorschrift § 3 Nr. 66 EStG a. F. aufgehoben. Es ist sehr zweifelhaft, ob die Finanzverwaltung durch Billigkeitsregeln sich über den Willen des Parlaments hinwegsetzen darf.

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